© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/06 05. Mai 2006

Blick in die Medien
Bevormundung
Ronald Gläser

Leute, die in Werbeblöcken wegschauen oder gar wegschalten, sind Fernsehsendern ein Greuel. Das ZDF lockert Werbeblöcke mit den Mainzelmännchen auf, um uns zum Zuschauen zu animieren. Die Strategie von Sat.1 besteht seit geraumer Zeit darin, die Shows im Unterschichtenfernsehen (Zwei bei Kallwas) mit einem 1-Spot-Werbeblock aufzulockern. Dem Zuschauer wird mit einer rückwärtslaufenden Uhr signalisiert, in wie vielen Sekunden es weitergeht. Weniger angenehm ist dagegen, daß die Spots immer lauter werden, damit wir auch zuhören, wenn wir eigentlich weghören wollen. Viele Zuschauer schalten schon intuitiv die Lautstärke runter, sobald der Werbeblock beginnt. Aber es geht noch skurriler: Während die Programmgestaltung dank Premiere und Video-on-demand die individuellen Wünsche berücksichtigt, setzt Philips auf die Bevormundung des Zuschauers. Der Elektronikkonzern hat jetzt ein Patent auf ein Gerät (Settopbox), das das Wegschalten verhindert, sobald die Werbepause begonnen hat. Auch Videorekorder, die das Aufzeichnen unterbrechen, überlistet die Technik. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis eine Maschine auch den Kühlschrank und den Klodeckel verriegelt.


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