© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Eckstöße: Marginalien zur Fußball-WM (Folge XII)
Rekordgewinne
Arthur Hiller

Auf knapp zwei Milliarden Euro werden die Einnahmen geschätzt, die der Weltfußballverband FIFA durch die WM 2006 erzielt. Nach Abzug der Kosten dürfte ein Überschuß von 700 Millionen, vielleicht sogar einer Milliarde Euro für den als gemeinnützig geltenden Verein übrigbleiben. Seine Erfolgsbilanz ist sicherlich nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß er sich als Monopolist für globale Turniere der Nationalmannschaften natürlich in einer komfortablen Situation befindet. Allerdings muß ihm auch eine glückliche Hand in seiner langfristigen Politik attestiert werden.

So hat die FIFA eine Perfektion darin entwickelt, die erbitterte Konkurrenz um die Ausrichtung dieses prestigeträchtigen Großereignisses für sich zu nutzen. Die Bewerber veranstalten ein Schaulaufen um den Zuschlag der Funktionäre aus Zürich, wie man es ansonsten nur von ostelbischen Kommunen im Umschmeicheln von Investoren kennt. Entsprechend günstig sind die Konditionen für den Verband: Er darf über modernste Infrastruktur, die ihn nichts gekostet hat, verfügen und diktiert als Markeninhaber, mitunter hart an der Grenze der Rechtsordnung des Gastgeberlandes, die Rahmenbedingungen bis ins kleinste Detail, das noch irgendwie ökonomisch interessant ist.

Darüber hinaus hat die FIFA frühzeitig die Chancen erkannt, die aus der Durchdringung auch des entlegensten Winkels der Welt durch Fernsehen resultieren, und sich durch die Vermarktung der Übertragungsrechte eine zentrale und nahezu unerschöpfliche Einnahmequelle erschlossen. Damit das Turnier für möglichst viele Zuschauer nicht allein Pläsier, sondern auch die Gelegenheit zum Mitfiebern mit "ihrer" Mannschaft bietet, wurde die Zahl der am Endturnier teilnehmenden Nationen von ursprünglich (1954 bis 1978) 16 über 24 auf nunmehr (seit 1998) 32 erhöht.

Durch gezielte Investitionen hat die FIFA überdies mit dazu beigetragen, daß der einst nur in Europa und Südamerika populäre Fußball seinen Siegeszug über die ganze Welt angetreten hat und auf diese Weise für immer mehr TV-Sender und global operierende Sponsoren an Attraktivität gewann.

Dieser Prozeß ist noch nicht einmal abgeschlossen: In den USA bedarf es noch einiger Anstrengungen, um das Image dieser Sportart zu stärken. Der Zukunftsmarkt Indien liegt weitgehend brach. Das Interesse der Chinesen ist zwar geweckt. Da sie nach ihrer Teilnahme im Jahr 2002 aber in der Qualifikation für 2006 scheiterten, besteht hier unverändert Nachholbedarf.

Aus der Sicht der FIFA dürfte es unerläßlich sein, das nordamerikanische und das asiatische Gewicht im Weltfußball zu stärken: Auf diese Weise könnten von Turnier zu Turnier stets neue Rekordgewinne eingefahren werden.


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