© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/06 02. Juni 2006

Meldungen

Gustav Frenssen: Durch und durch regional

HEIDE. Vor einhundert Jahren erschien Gustav Frenssens Erfolgsbuch "Peter Moors Fahrt nach Südwest". Die Zeitschrift Dithmarschen (1/06) nimmt dies zum Anlaß, an den zeitgeschichtlichen Hintergrund des Herero-Aufstandes als den "ersten deutschen Vernichtungskrieg" und zugleich an den einstigen Auflagenmillionär Frenssen (1863-1945) zu erinnern. Anders als für Arno Schmidt, dessen Exkursion ins "Dichterheim" nach Barlt (1963) Heiner Egge nachzeichnet, ist der Autor für die politisch korrekte Germanistik aufgrund seiner NS-Parteinahme natürlich kein "unerledigter Fall". Frenssen erweckt daher nur noch Interesse, soweit sich über seinen unheilvollen Anteil an der "deutschen Ideologie" moralisieren läßt. Dabei ist es nicht die enge Verflechtung mit einer nach 1945 entsorgten Weltanschauung, sondern die begrenzte künstlerische Gestaltungskraft, die ihn seit sechzig Jahren der Vergessenheit überantwortet. Ein Vergleich der beiden Verkaufserfolge von 1901, Thomas Manns "Buddenbrooks" und Frenssen "Jörn Uhl", deutet das in diesem Heft an. Sprechblasenhaft fällt indes die Erklärung aus, daß Frenssen heute deswegen von niemandem mehr gelesen wird, weil er "durch und durch regional" blieb, während sein Lübecker Landsmann von seiner Herkunftsregion "Abstand" gewonnen habe.

 

550 Jahre Universität in Greifswald

LÜBECK. Mit einem bunten Strauß von Festveranstaltungen und Veröffentlichungen gedenkt die pommersche Landesuniversität - seit 1933 bis heute Ernst-Moritz-Arndt-Universität - in Greifswald ihrer Gründung im Jahre 1456. Auch die Zeitschrift Pommern (1/06) reiht sich mit einem Jubiläumsheft in die Gratulantenschar ein. Darin wecken viele Farbbilder aus der Restaurierungsphase die Erwartung auf die bevorstehende Neueröffnung des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Hauptgebäudes. Der Magdeburger Archivar Dirk Schleinert gibt zudem einen reich illustrierten Überblick über 550 Jahre Hochschulgeschichte der pommerschen Alma mater, die mit berühmten Juristen wie Bernhard Windscheid und Medizinern wie dem Virologen Friedrich Loeffler glänzen kann, die Ende des 19. Jahrhunderts aber lange wegen der Theologischen Fakultät eine nationale Spitzenposition einnahm. Schleinert vergißt auch nicht, die Schattenseiten der zu DDR-Zeiten glorifizierten, unter maßgeblicher Beteiligung der Universitätsleitung erwirkten "kampflosen Übergabe" der Stadt Greifswald an die Rote Armee am 30. April 1945 zu erwähnen: Der "Dank" der "Befreier" war eine bestialische Massenvergewaltigung in der Universitätsfrauenklinik. Noch vor der Wiedereröffnung im Februar 1946 wurde Rektor Ernst Lohmeyer von den sowjetischen Besatzungsbehörden verhaftet und später hingerichtet.

 

Erste Sätze

Jede politische Partei strebt nach der Macht und nach der Herrschaft im Staate, mag ihr Ziel die Erhaltung oder die Veränderung des Bestehenden sein.

Friedrich Münzer, Römische Adelsparteien und Adelsfamilien, Stuttgart, 1920


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