© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/06 30. Juni 2006

Meldungen

Selbstermächtigung von tief Gedemütigten

POTSDAM. Zur Zeit vollziehe sich "weltweit" die "Rückkehr der Religion in den kulturellen Raum". Daraus leitet Ulrike Brunotte, Religionswissenschaftlerin und Expertin für "Männerbünde" (JF 34/05), eine erhöhte Nachfrage nach Deutungskapazitäten ihres Faches ab. Um diese Kompetenz zu beweisen, versucht sie sich an einer Studie über "Die Rolle von Geschlecht und Gewalt bei der Formierung neuer religionspolitischer Gruppen in 'Okzident' und 'Orient'" (Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 2/06). Obwohl Brunotte für sie zentrale Begriffe wie "Identität" und "Habitus" nicht klärt, scheint sie religiös motivierte Gewalt als Antwort auf ökonomische Deklassierung deuten zu wollen. Habe doch die "Christian-Identity-Bewegung" in den USA bei jenen "kleinen Farmern" im Mittelwesten Anklang gefunden, die die "farm crisis" am schwersten traf. Ihrem "millenaristisch-rassistischen Fundamentalismus" sei auch der Massenmörder Timothy McVeigh zuzurechnen. Daher verwundere es kaum, wenn dieses Milieu islamistische Terroristen, deren "Gesellschaftsutopie des politischen Islam" nur als "Selbstermächtigung" der durch USA und Israel "tief Gedemütigten" verständlich werde, als Bundesgenossen im Kampf gegen den "jüdisch unterwanderten Staat" begrüße. Mit der "kollektiven sozialen Imagination" eines "männlichen", auf "Geschlechtertrennung und Unsichtbarkeit der Frau im öffentlichen Raum" basierten "Idealmodells einer differenzlosen Gemeinschaft" offenbarten der militante US-Prämillenarismus und neoislamische Bewegungen zudem geistige Parallelen.

 

Vom Feldherrnhügel: Polemik gegen Scheil

FRANKFURT. Der Historiker Stefan Scheil ist trotz einiger eindrucksvoller Arbeiten immer noch ein Außenseiter seiner Zunft. Um so erfreulicher, daß die FAZ am 17. Juni einen Beitrag Scheils zur Mitverantwortung der polnischen Diplomatie vor 1939 am Kriegsausbruch abdruckte. Die Antwort der Gralshüter etablierter Geschichtsschreibung blieb nicht lange aus. Am 22. Juni brachte dieselbe Zeitung eine vernichtende Rezension von Scheils "1940/41. Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs" (JF 43/05). Darin verzeichnet der Wissenschaftliche Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Potsdam, Rolf-Dieter Müller, Scheils differenzierte Darstellung zum schwarzweißen Schurkenstück, in dem Deutschland "Opfer einer Verschwörung" geworden sei. Scheils "Gedankengebäude" entlarve sich in Hitlers "Rechtfertigung" des "Überfalls auf die Sowjetunion".

 

Erste Sätze

Vor mir liegt ein abgegriffenes Buch in lateinischer Sprache, 1880 in Berlin gedruckt.

Erwin Lichtenstein: Bericht an meine Familie. Ein Leben zwischen Danzig und Israel, Darmstadt 1985


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