© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/06 07. Juli 2006

Kolumne
Dezimierte Freiheit
Bruno Bandulet

Die nun bald zu Ende gehende Fußball-Weltmeisterschaft war eine wunderbare, viel zu kurze Zeit - nicht nur wegen der spannenden Spiele und der großartigen Stimmung, sondern auch wegen der weitgehenden Absenz der Politiker. Zwar sah man sie manchmal in den Stadien sitzen und am Fernsehen Kommentare abgeben, aber sie spielten keine Rolle, sie irritierten eher. Nur, wer die Nachrichten genau verfolgte, wurde gewahr, daß sie sich zwischen den Spielen in Berlin zusammenrotteten, um Reformen auszubrüten, von denen sich schwer sagen läßt, ob sie nur unnütz oder auch schädlich sein werden.

Während wir in der neuesten Ausgabe des Manager Magazins lesen können, daß Deutschland ausblutet, daß seit 122 Jahren nie so viele Deutsche (vor allem junge und aktive) ausgewandert sind und daß die Auswanderer vor allem den Mangel an Freiheit im Lande beklagen, arbeitet die Regierung systematisch daran, den verbliebenen Rest an Freiheiten zu dezimieren. Obwohl der Staat schon jetzt gut 50 Prozent des Volkseinkommens beansprucht, kommt 2007 die größte Steuererhöhung der Nachkriegsgeschichte. Könnte es nicht sein, daß die Freiheit, zwischen zwei Fraktionen einer Einheitspartei wählen zu dürfen, die nach der Wahl das Gegenteil des vorher Versprochenen tun, weniger wiegt als die Freiheit, das selbstverdiente Geld selbst ausgeben zu dürfen? Und das bösartige Antidiskriminierungsgesetz, gar nicht zu reden von dem skandalösen Europäischen Haftbefehl, haben sie jetzt auch auf den Weg gebracht - ein brutaler Einschnitt in die Vertragsfreiheit, ein Schritt auf dem Weg in die DDR light. Höchst aufschlußreich auch die Kampagne gegen die privaten Krankenversicherungen (PKV). Sie sind der einzige Sektor im Gesundheitswesen, der keine Schulden hat, der den Staat keinen Pfennig kostet, der sogar Altersrückstellungen gebildet hat, damit die ohnehin hohen Beiträge auch für Rentner und Pensionäre bezahlbar bleiben. Seit Monaten schielte die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf die bei der PKV angesammelten Reserven. Laut Koalitionskompromiß vom Montag werden diese nun doch nicht enteignet - dank der CSU, die sich quergestellt hatte. Dafür hat die CDU zusammen mit der SPD andere Mittel und Wege gefunden, die PKV zu schwächen und sie möglicherweise langfristig auszutrocknen. Die Idee des Wettbewerbs blieb wieder einmal auf der Strecke. Das Resultat ist eine Gesundheitsreform, die nichts billiger und alles komplizierter macht. Deutschland sei ein Sanierungsfall, sagte Angela Merkel kürzlich. Da hat sie wohl das Land mit der Regierung verwechselt.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.


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