© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/06 28. Juli / 04. August 2006

WIRTSCHAFT
Gebremste Arbeitskosten
Jens Jessen

Arbeitgeber und maßgebende Wirtschaftsinstitute sind sich einig: Die Arbeitskosten sind zu hoch. Sie müssen gesenkt werden, um Deutschland als Wirtschaftsstandort erhalten zu können. Diese Argumentation hinkt der Entwicklung inzwischen hinterher. Die Arbeitskosten bestehen aus dem Entgelt für die geleistete Arbeitszeit und den sogenannten Lohnnebenkosten.

Nach der Arbeitskostenerhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 betrug der Anteil des Entgelts für Arbeit 56,7 Prozent, der für die Personalnebenkosten 43,3 Prozent. Die 43,3 Prozent bestehen aus zwei großen Blöcken: 22,4 Prozent sind "tarifliche, betriebliche und freiwillige Lohnnebenkosten". Darin sind Sonderzahlungen, zusätzliches Urlaubsgeld, Leistungen zur Vermögensbildung oder Ausbildungsvergütungen enthalten. Die fehlenden 20,9 Prozent sind "gesetzliche Nebenkosten", die im Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungsbeiträgen ebenso abgebildet sind wie in der gesetzlichen Lohn- und Gehaltsfortzahlung bis zur sechsten Krankheitswoche und in den Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. Was ist zu tun? Die Statistik zeigt, daß sich Deutschland seit 2001 durch die geringsten Arbeitskostensteigerungen in Europa hervortut.

2005 haben die Arbeitskosten im produzierenden Gewerbe und in ausgewählten Dienstleistungsbereichen gegenüber dem Vorjahr nur um 0,9 Prozent zugenommen. Das war wieder die geringste Steigerungsrate aller 25 EU-Staaten. An den Arbeitskosten liegt es nicht, wenn Deutschland in politischem und wirtschaftlichem Starrkrampf verharrt. Fällt die Große Koalition noch mehr hinter das Reformtempo von Altkanzler Gerhard Schröder zurück, wird sie bald am Ende der Fahnenstange angekommen sein.


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