© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/06 11. August 2006

Banale Bretterwand
Berlin: Am Checkpoint Charlie erinnern Fototafeln an den Kalten Krieg / Kritik von Opferverbänden
Christian Dorn

Die Welt traf es nicht schlecht, als sie die von Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) am vergangenen Freitag der Öffentlichkeit übergebene Galeriewand zur Geschichte des Checkpoint Charlie so beschrieb: "Berlins neuestes Museum besteht aus 300 Meter Bauzaun." Mit der Enthüllung dieser Bretterwand, die das seit 17 Jahren unbebaute Areal am ehemaligen Alliierten Checkpoint an der Friedrichstraße umfaßt, realisierte Flierl seinen zweiten Schritt hin zu einem "Museum des Kaltens Krieges", das einmal in die hier noch zu erwartende Bebauung integriert werden soll, also frühestens 2009.

Auf den Text- und Fototafeln erscheint die Geschichte des Platzes vor allem als lokaler Ausdruck des "globalen Konflikts" zwischen Ost und West, als Moment des "Kalten Krieges".

Wenig Verständnis für dieses Ansinnen haben die bürgerlichen Kreise der Hauptstadt. Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, empfindet diese Interpretation als verlogen, denn damit würde so getan, als hätte sich die DDR gegen einen Aggressor wehren müssen, in Wirklichkeit sei es aber um das Einsperren der eigenen Bevölkerung gegangen. Die Verantwortlichkeit der SED-Diktatur, den Eindruck vermittelt die Tafeln in ihrer unpersönlichen Darstellung, wird wegdelegiert. Frank Henkel, Generalsekretär der CDU Berlin, findet gegenüber der JUNGEN FREIHEIT deutliche Worte: "Die Ausstellung ist an Banalität nicht zu überbieten und in keiner Weise geeignet, den Schrecken und die Verbrechen, die 28 Jahre Mauer über die Stadt gebracht haben, deutlich zu machen."

Auch aus Sicht von Alexandra Hildebrandt vom Mauermuseum und der Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V. wird dieser "Bretterzaun" dem Ort nicht gerecht. Auf der Dokumentation zu ihrem Museum fehlt ein Foto von ihren im vergangenen Jahr nach einem Rechtsstreit mit dem Grundstückseigner abgerissenen 1.067 Mauerkreuzen (JF 37/06). Die Bilder von den Abrißarbeiten unter Polizeischutz waren damals um die Welt gegangen - jetzt ist nur ein Heißluftballon zu sehen, der hinter der nächsten Hausfassade verschwindet.

Foto: Thomas Flierl (PDS) enthüllt eine Fototafel: "Globaler Konflikt"


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