© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/06 11. August 2006

UMWELT
Gefährliche Aquakulturen
Michael Howanietz

Die Subventionen für die im Eiltempo die Meere entvölkernden Fangflotten sind angesichts schrumpfender Ressourcen kontraproduktiv. Gleiches gilt für die EU-Förderung von Aquakulturen. Fisch aus Aquafarmen wurde zum "Wachstumsmarkt der Zukunft" erklärt. Die Mastfischproduktion soll um jährlich vier Prozent steigen und Arbeitsplätze in den traditionellen Fischfangregionen sichern. Arbeitsmarktpolitisch vernünftig, umweltpolitisch unklug. Jüngste Studien weisen Aquakulturen als Parasitenherde, Meeresverschmutzer und Landschaftszerstörer aus. So gedeihen etwa Lachsläuse prächtig in den Unterwasserfarmen. Sie befallen die Schleimhäute der dicht an dicht gehaltenen Fische, vermehren sich uferlos und verseuchen das Meer im Umkreis von bis zu dreißig Kilometern. Die Dezimierung der Wildlachsbestände ist die Folge. Die meisten Zuchtfische sind Fleischfresser. Sie werden mit Fischmehl gefüttert, das aus Wildfängen hergestellt wird.

Für ein Kilogramm Lachs verbraucht eine Aquafarm rund fünf Kilo Futterfisch. Von einer durch Aquakulturen bedingten Entlastung der überfischten Meere kann demnach keine Rede sein. Neben der solcherart beschleunigten Plünderung der Meere, wird den wildlebenden Raubfischen die Nahrungsgrundlage entzogen. Schließlich ist auch der gesundheitliche Aspekt zu hinterfragen. Die industrielle Haltung von Nutzfischen führt zu Bewegungsmangel und Krankheitsanfälligkeit der Tiere. Möglichen Verlusten wird durch die Verfütterung von Medikamenten, insbesondere Antibiotika, vorgebeugt. Diese führen beim Konsumenten ebenso zu unerwünschten Nebenwirkungen des Fischgenusses wie die methodische Verabreichung von Wachstumsbeschleunigern.


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