© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/06 11. August 2006

Frisch gepresst

Noltes Weimar. Den Berliner Geschichtsdenker Ernst Nolte könnte man mitunter für einen Vertreter modischer Mentalitätsgeschichte halten, denn oft ist bei ihm von Gefühlen die Rede, die Massen ergreifen und bewegen. Seine Deutung der Weltbürgerkriegsära nimmt ihren Ausgang von so einem "Grundimpuls", nämlich "das ganz Andere" zu schaffen, die "kommunistische Gemeinschaft einer Welteinheit ohne Klassen und Staaten". So entstand die Partei des Bolschewismus, die ihren Anhängern einen geradezu "absoluten Enthusiasmus einzuflößen vermochte". Wie Michael Hagemeister unlängst ausführte, schloß dies die Vision der vollständigen Beherrschung der Natur, die Überwindung des Todes und die Liquidierung aller unvollkommenen Formen des Lebens ein (FAZ, 19. Juli 2006). Reaktionen auf solche Phantasien und Drohungen konnten nicht ausbleiben. Der "Grundimpuls" der faschistischen und nationalsozialistischen Gegenbewegung sei "der Wille zur Verteidigung einer Partikularität, des Vaterlandes, der Kultur, der Gliederung der Gesellschaft". In der Weimar Republik trafen die beiden "Grundimpulse" aufeinander. Ohne den Anspruch zu erheben, die Geschichte umzuschreiben, gruppiert Nolte die bekannten Abläufe doch in einer Weise, die sich nicht wie bei den Kollegen Mommsen, Winkler, Wehler oder gar Ruge wie eine Verlängerung Weimarer Frontlinien ausnimmt (Die Weimarer Republik. Demokratie zwischen Lenin und Hitler, Herbig Verlag, München 2006, 428 Seiten, gebunden, 29,90 Euro).

Elternunterhalt. Mit dem Vorschlag, Kinder sollten für ihre arbeitslosen Eltern zur Unterhaltszahlung eintreten, hat CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla seiner Partei im Sommerloch einen Bärendienst erwiesen. So unklug der Einlaß auch sein möge, die Reaktion ("völlig abstrus", "das wäre für Familien lebenslange Sippenhaft") verkennt augenscheinlich, daß auch heute schon "Verwandte in gerader Linie" (Großeltern bis Enkel) laut Paragraph 1601 BGB unterhaltspflichtig sind. Michael Baczko kommt mit seinem kleinen informativen Ratgeber somit gerade recht, um über das weite Feld familiärer monetärer Pflichten aufzuklären, die der Staat meist im Sozialfall geltend macht. Und dieser stellt sich zum Beispiel bei Pflegebedürftigkeit rascher ein, als mancher denkt (Elternunterhalt. Wenn Kinder zahlen sollen. Haufe Verlag, Planegg 2006, 127 Seiten, broschiert, 6,90 Euro).


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