© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Zeitschriftenkritik: Ursache & Wirkung
Jörg Haider und der Dalai Lama
Werner Olles

Vierteljährlich erscheint im 15. Jahrgang die Zeitschrift Ursache & Wirkung. Auf jeweils ca. 90 Seiten behandelt das Magazin mit dem Untertitel "Buddhistische Aspekte" "gesellschaftlich relevante Themen über Gesundheit und Spiritualität aus buddhistischer Sicht". Nun unternahm ja bereits Arthur Schopenhauer den Versuch, Buddhas Gedanken für Europa nutzbar zu machen, und in der Tat verdanken wir den orientalischen Neigungen mancher Philosophen und Literaten sehr viel. Dennoch sind wohl den allermeisten Mitteleuropäern die Bemühungen, in fremde Geisteswelten vorzudringen, ziemlich enge Grenzen gesetzt. Man muß dies nicht einmal als "vordergründigen Exotismus" denunzieren, immerhin haben auch Goethe, Schlegel, Chateaubriand und Hesse sich in außereuropäische Traditionen einzuwurzeln versucht.

Allerdings darf man den allermeisten neuzeitlichen Konvertiten unterstellen, daß ihre Beschäftigung speziell mit dem Buddhismus in aller Regel doch recht oberflächlich bleibt. So gesteht selbst der Dalai Lama in einem Interview im aktuellen Heft von U&W, daß es "nur wenig brauchbare Informationen über den Buddhismus gibt". Westlichen Menschen rät er zudem, "sie sollten eher in ihrer Tradition bleiben. Die Religion zu wechseln bringt oft größere Verwirrung, und es ist günstiger, bei der eigenen Tradition zu bleiben. Manche glauben an einen Schöpfergott, und das ist ein sehr machtvoller Weg. Lediglich für einzelne, für die ein persönlicher Gott und das Absolute schwer zu akzeptieren sind, könnte der buddhistische Zugang interessant sein."

In einem weiteren Interview mit Jörg Haider, dem Landeshauptmann von Kärnten, wo ein großes Tibet-Zentrum entstehen soll, das eigentlich bei Frankfurt am Main geplant war, erklärt dieser seine Zustimmung für das Projekt eines tibetischen Europa-Zentrums. Die Idee für ein "Studienzentrum für spirituelle Begegnung und tibetische Medizin" kam von Heinrich Harrer, und Haider hatte sie im indischen Dharamsala dem Dalai Lama vorgestellt. Haider selbst versteht den Buddhismus "als integrative spirituelle Lehre, die keine religiöse Aggression entfaltet". Dazu wäre zu sagen, daß zum Beispiel in Bhutan, wo der Buddhismus Staatsreligion ist, Christen seit langem unterdrückt und verfolgt werden. Ein wenig merkwürdig mutet auch Haiders Vergleich des Dalai Lama mit Ghaddafi an. Haiders Selbsteinschätzung als "schwer zu durchschauende Persönlichkeit" kann man dagegen vorbehaltlos unterschreiben.

Sehr interessant ist neben einer Debatte über die Verabsolutierung "westlicher Grundwerte" auch die Serie über "Buddhismus und Theosophie", die sich unter anderem mit den Auswirkungen der theosophischen Bewegung auf das wachsende Interesse am Buddhismus beschäftigt. Der Autor zeigt, daß die theosophische Bewegung nach Helena Blavatsky, die ihre Wurzeln im amerikanischen Spiritismus hatte, die Basis für die spätere Rezeption des Buddhismus durch Allan Kardec im Westen bereitete.

Anschrift: A-1020 Wien, Heinestr. 14/8. Der Einzelpreis beträgt 6,90 Euro, das Jahresabo kostet 24,50 Euro. Internet: www.ursache.at 


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