© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Meldungen

Fest: Grass' moralischer Kredit ist verbraucht

ZÜRICH. Mit der Rolle von Intellektuellen im Zeitalter der großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts ist der Historiker und Publizist Joachim Fest scharf ins Gericht gegangen. "Die Intellektuellen sind die korrumpierteste Gesellschaftsschicht in den ideologischen Auseinandersetzungen der zurückliegenden Epoche gewesen. Sie sollten sich deshalb etwas bescheidener in Szene setzen", sagte Fest in einem Interview mit der Schweizer Weltwoche vor dem Hintergrund des Eingeständnisses von Günter Grass, Angehöriger der Waffen-SS gewesen zu sein und dieses 60 Jahre verschwiegen zu haben. Wenn man sich die Geschichte des Nationalsozialismus wie des Kommunismus anschaue, so der ehemalige Mitherausgeber der FAZ, sei man "entsetzt, was die Intellektuellen alles geschluckt haben". Es habe keine politische Zumutung gegeben, zu der sie sich nicht bekannt hätten. Auf die Frage, welche Bedeutung der Fall Grass für die Geschichte der Bundesrepublik habe, antwortet Fest: "Grass hatte weniger politischen als moralischen Kredit, ­ doch auch der ist nun verbraucht." Dies gelte auch für andere Intellektuelle, die sich in der Gruppe 47 profilierten. Er selber sei in einem Elternhaus aufgewachsen, das ganz gegen den Nationalsozialismus eingestellt gewesen sei und habe nie "so groß getan" wie Günter Grass oder Walter Jens. "Ich weiß nicht, auf welchem Billigmarkt die ihre Moral gekauft haben", sagte Fest. Der 79jährige veröffentlicht im September unter dem Titel "Ich nicht" (Rowohlt Verlag) ebenfalls ein autobiographisches Erinnerungsbuch an seine Kindheit und Jugend ­- laut Spiegel-Kulturchef Matthias Matussek "das Gegenbuch zum Grass-Spektakel".

 

Breker-Ausstellung: Kontroverse geht weiter

SCHWERIN. Nach einem Rundgang durch die umstrittene Schweriner Ausstellung mit Werken des Bildhauers Arno Breker (1900-1901) hat FDP-Chef Guido Westerwelle am vergangenen Sonntag Forderungen nach deren Schließung zurückgewiesen. "Als Liberaler bin ich gegen jede Form von Zensur, und deswegen bin ich dagegen, daß diese Ausstellung geschlossen wird", erklärte Westerwelle. Er lobte die Ausstellungsmacher um Kurator Rudolf Conrades wegen der übersichtlichen Gliederung der Präsentation, die "Opportunismen" Brekers verdeutliche. "Die Menschen sind selbst in der Lage, sich eine Meinung von Kunst zu bilden, und die Aufgabe von Ausstellern ist es, dafür zu sorgen, daß man es richtig einordnen kann", sagte Westerwelle. Dies sei in Schwerin gelungen. Die "schreckliche Instrumentalisierung" Brekers und seiner Kunst sei ein Teil unserer Kunstgeschichte, der gezeigt werden müsse. In der vergangenen Woche hatten 125 Künstler besonders die "Verwendung öffentlicher Mittel für die Rehabilitation von Nazi-Kunst" kritisiert und von der Stadt Schwerin und dem Land Mecklenburg-Vorpommern die Schließung der Ausstellung gefordert.

 

Sprach-Pranger

"Pflüger's Friends"

Bezeichnung für den Unterstützerkreis des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger

 

Gutes Deutsch / Sprachpreis für D. Henrich

Der mit 5.000 Euro dotierte Deutsche Sprachpreis der Henning-Kaufmann-Stiftung zur Pflege der Reinheit der deutschen Sprache geht in diesem Jahr an den Philosophen Dieter Henrich (69). Der Preis würdigt sorgfältigen Sprachgebrauch und gutes, verständliches Deutsch. Die Verleihung findet am 22. September in Weimar statt.


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