© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

Deutscher aus Fleisch und Blut
DVD: "Einer kam durch"
Martin Lichtmesz

Im angloamerikanischen Kino kursierten stets zwei unterschiedliche Bilder von den Soldaten der Wehrmacht. Da waren einerseits die arroganten, fiesen und dummen "Krauts", die von Lee Marvin, Robert Mitchum oder Tom Hanks in zahllosen Epen reihenweise plattgemacht wurden. Maximillian Schell machte in Hollywood Karriere mit der Verkörperung von Nazischurken in Feldgrau oder SS-Uniform. Andererseits tauchte hin und wieder eine gänzlich verschiedene Gestalt auf: der aufrechte, aristokratische Offizier mit unverrückbarem Ehrenkodex, der den Ausländern etwas unheimlich, aber alles in allem eine beeindruckende, respektable Erscheinung ist.

So entstand bereits 1951 "Rommel, der Wüstenfuchs", ein sympathisierendes Porträt mit James Mason in der Titelrolle. Ein anderes Beispiel ist John Sturges' "Der Adler ist gelandet" (1976), in dem ein Weltkriegsabenteuer mit Michael Caine als schneidigem deutschen Offizier einmal aus der Perspektive der Deutschen geschildert wird.

Ein weiteres erstaunliches Beispiel, das nun auf DVD wieder greifbar ist, ist Roy Ward Bakers "Einer kam durch" (GB 1957). Anstelle amerikanischer Haudegen wie William Holden in "Stalag 17" (1953) oder Steve McQueen in "Gesprengte Ketten" (1963), die aus deutschen Lagern auszubüchsen trachten, ist in "Einer kam durch" zur Abwechslung ein junger Luftwaffenoffizier der Sympathieträger, bei dessen waghalsigen Ausbruchsversuchen man mitfiebern darf.

Verkörpert von dem damals 29jährigen Hardy Krüger, sieht der Oberleutnant von Werra mit seiner Fünfziger-Jahre-Frisur und seiner schwarzen Lederjacke, an die ein Eisernes Kreuz geheftet ist, wie eine Wehrmachtsvariante von James Dean aus und bestätigt nebenbei General Pattons neiderfüllte Bemerkung über die "gutaussehenden Bastarde" mit den schmucken Uniformen.

"Einer kam durch" basiert auf einer wahren Geschichte: Der gebürtige Schweizer Franz von Werra war ein gefeierter "Ritter der Lüfte" wie Marseille, Rudel oder Novotny. Ihm gelang in einer tollkühnen Aktion im Januar 1941 als erstem deutschem Kriegsgefangenen überhaupt die Flucht. Sein Leben in Freiheit währte nicht lange: Wenige Monate später war sein Flugzeug über der Nordsee verschollen. "Einer kam durch" zeigt wie Jean Renoirs "Die große Illusion" (1937) einen "ritterlichen" Krieg, in dem der Feind als achtenswerter Gegner dargestellt wird. Das ist nicht nur für ein deutsches Publikum, das im Kino seit eh und je in schizophrener Weise den alliierten Helden die Daumen drücken darf, eine willkommene Abwechslung: Wie die Einträge zu "Das Boot" (1981) in der "Internet Movie Database" ( www.imdb.com ) zeigen, sind auch angloamerikanische Zuschauer begeistert, wenn ihnen nicht schon wieder der "häßliche Deutsche" aufgetischt wird, sondern Menschen aus Fleisch und Blut gezeigt werden.

In der Folge verkörperte Krüger im Gegensatz zu Schell vorwiegend positiv gezeichnete deutsche Soldaten. Krüger führt auch als Moderator durch die ebenfalls auf DVD erhältliche Dokumentation "Von Werra" (CH 2002), die ein spannendes Bild dieser schillernden Figur nachzeichnet.


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