© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/06 25. August 2006

"Selbstverliebt wie immer"
Stimmen zum Grass-Buch

"Sperrig ist die Lektüre auf keiner Seite. Das eingeschränkte Weltbild eines Menschen allerdings, dem alles Höhere, Edle, Vornehme nur 'Tricks' sind, wie er einmal in typischer Borniertheit über die katholische Kirche sagt, 'Tricks', die er in klassischem Größenwahn 'aufzuklären' sich anheischig macht - dieses Weltbild wird nicht jedermanns Sache sein. Für die Epoche ist es freilich typisch."

Tilman Krause in der "Welt"

 

 

"Stilistisch sind diese Erinnerungen etwas uneinheitlich geraten. Es sind großartige Passagen darin, allerbester Grass. (...) Die stilistischen Eigen- und Unarten des späteren Grass ziehen sich auch hier, manchmal nervtötend, durch die Seiten. Künstliche Umstellung der Satzglieder, weggelassene Artikel, eingeschobene Adverbien: All das soll die Sätze 'besonders' machen, und sie wären doch ohne diese Grassismen eleganter, flüssiger, anschaulicher. Unsympathisch wird's immer dann, wenn sich der Polemiker zeigt, der vergangene Kämpfe noch mal gewinnen will und wirkliche wie imaginäre Gegner krachend aufs Haupt schlägt."

Martin Ebel in der "Berliner Zeitung"

 

 

"In einem Erinnerungsbuch, das analytisch Zeugnis von den tränentreibenden Fehlungen seiner Jugend ablegen sollte, drechselt Grass selbstverliebt wie immer seine Prosa, lyrisiert, bläht auf, beizt den Text auf antik und bindet die ganze Sauce mit der halbgaren Leitmetapher der gehäuteten Zwiebel ab. Was kühle Auseinandersetzung verlangt, wird zur barock mäandernden Schnurre, angetrieben von vielen rhetorischen Fragen, die erstaunliche Gedächtnislücken offenbaren. (...) Durch Gestelztheiten trimmt er seine Erzählung auf das, was er seit seiner Jugend für Meisterprosa hält. (...) Für das vermeintliche Drama seines Lebens hat er den Ton eines behaglich Pfeife schmauchenden Märchenonkels gewählt. Seine einzige literarische Leistung besteht in einer Aneinanderreihung von Anekdoten. Nirgends ein zündendes Bild, alles wird vom Erzähler in Kommentaren und Abschweifungen zerredet, selbstzufrieden rauscht die Altersbinse."

Stephan Maus im "Stern"

 

 

"Ich zögere nicht zu sagen: Das Buch hat etwas Ergreifendes; es greift nach uns."

Fritz J. Raddatz in der "Zeit"

 

 

"Man könnte ihn (Grass' Stil) einen verschärften Bauern-Barock nennen: Es wimmelt von Adjektiven. Redundanz ist das oberste Prinzip. Diese Prosa hat etwas Krud-Artifizielles, etwas Ausgeschnitztes, Manieristisches, pedantisch Groteskes. (...) Sein Stil besteht fast ausschließlich aus Metaphern, kaum einmal ein normales Wort ist darunter gestreut. Die Lektüre dieser poetischen Essenz ist nur dem Lutschen von Brühwürfeln vergleichbar. (...) Die literarische Form, die Grass für sein Eingeständnis bemüht hat, enthält entschieden zu viele Metaphern. Und solche erhellen die Abgründe des Lebens meistens nicht."

Ijoma Mangold in der "Süddeutschen Zeitung"

 

 

Lesungen

Aus seinem Erinnerungsbuch "Beim Häuten der Zwiebel" liest Günter Grass am 4. September um 20 Uhr im Berliner Ensemble (Restkarten dafür sind, wenn überhaupt, nur noch an der Abendkasse erhältlich). Die Moderation übernimmt Wolfgang Herles. Einen Tag später tritt Grass um 19 Uhr in der Oper Frankfurt auf. Moderiert wird der Abend am 5. September von dem FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher. Karten gibt es im Internet ( www.oper-frankfurt.de ).


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