© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/06 15. September 2006

Denunziation unter dem Deckmantel der Wissenschaft
"Kampf gegen Rechts": Zwei Hochschullehrer rufen im Internet dazu auf, Informationen über vermeintlich "rechte Kollegen" zu liefern
Leonhard Kramer

Daß sich an deutschen Hochschulen seit der von der 68er Generation veranstalteten Kulturrevolution so manch einer mit einem Professorentitel schmücken darf, der früher keine Chance auf einen Lehrauftrag gehabt hätte, ist keine Neuigkeit. Daß diese Personen meist händeringend immer wieder nach neuen Betätigungsfeldern suchen, genausowenig. Und wo kann man schon einfacher und mit minimalem Aufwand mehr wissenschaftliche Reputation erlangen als auf dem Gebiet der Rechtsextremismusforschung?

In Freiburg und Göttingen zeigt sich derzeit, zu welch bedenklichen Auswüchsen diese Entwicklung mitunter führen kann. Auf dem Internetportal des Netzwerkes gegen Rechtsextremismus "Weimar zeigt sich! " bitten Albert Scherr - Professor an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Freiburg - und Renate Bitzan - promovierte Wissenschaftliche Assistentin an der Universität Göttingen - in einem harmlos klingenden Aufruf, sie über "Erfahrungen mit rechts orientierten Studierenden oder KollegInnen" zu informieren.

Dahinter verbirgt sich allerdings mehr, denn es werden weitere Informationen gewünscht. "Gab oder gibt es unter Ihren KollegInnen, unter BewerberInnen oder PraktikantInnen Personen, die Sie der rechten Szene zuordnen würden?" Offen wird dazu aufgerufen, ihnen Personen, seien es Dozenten, Mitarbeiter oder Studenten, zu nennen, die man "aufgrund äußerer Codes oder aufgrund bestimmter Meinungsbeiträge der rechten Szene zuordnen" könnte. Damit ist der freien Denunziation Tür und Tor geöffnet.

Angeblich sollen die so gesammelten Erfahrungen nur dazu dienen, genauere Statistiken erheben zu können. Die tatsächliche Absicht des Aufrufes zeigt sich jedoch schon in der dazugehörenden E-Post-Adresse, an die man die vermeintlichen Nazis namentlich melden soll: rechtepaedagogen@online.de

Initiatoren sind einschlägig bekannt

Ziel ist das bei Linksextremisten beliebte "Nazi-Outing", durch welches vorwiegend Existenzen unliebsamer Andersdenkender zerstört werden sollen - diesmal unter dem Deckmantel der Wissenschaft.

Die beiden Initiatoren der Kampagne sind keine Unbekannten. Albert Scherrs Arbeitschwerpunkte sind nach eigener Aussage vor allem: Migration, Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus. Der Verfasser mehrerer Bücher über Rechtsextremismus ist auch gerngesehener Gastautor in verschiedenen einschlägigen Internetplattformen, die sich dem "Kampf gegen Rechts" verschrieben haben, etwa der Seite "Mut gegen rechte Gewalt".

Wie der selbsternannte Rechtsextremismusexperte wirklich gestrickt ist, zeigt die Kampagne gegen Berufsverbote für Linksextremisten. Im konkreten Fall ging es um den Lehrer Michael Csaszkóczy, dessen Einstellung aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer linksextremistischen Antifagruppe von den Kultusministerien in Baden-Württemberg und Hessen abgelehnt worden war (JF 12/06).

Der Fall hatte deutschlandweit für größeres Aufsehen gesorgt, da Csaszkóczy mehrere prominente Fürsprecher hatte. Unter anderem Claudia Roth (Bundesvorsitzende des Bündnis 90/Die Grünen), Sahra Wagenknecht (kommunistische Plattform der PDS) und Petra Pau (stellvertretende Vorsitzende der PDS-Bundestagsfraktion). Zwischen all diesen Vertretern des linken bis äußerst linken Lagers findet sich auch die Unterschrift von Albert Scherr.

Ähnlich verhält es sich mit Renate Bitzan. Auch die Expertin für Frauen in der rechtsextremen Szene schreibt des öfteren für "Mut gegen rechte Gewalt". Auch sie ist Autorin und Herausgeberin mehrerer Bücher zum Thema Rechtsextremismus. So zum Beispiel "Braune Schwestern? Feministische Analysen zu Frauen in der extremen Rechten", herausgegeben vom Antifaschistisches Frauennetzwerk, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus.

Finanzielle Unterstützung von der Bundesregierung

Mit Vorliebe publiziert sie ihre Werke in linksextremen Verlagen wie PapyRossa oder Elefanten-Press/Antifa-Edition. Bedenklich ist bei der ganzen Angelegenheit auch, daß die Internetseite, auf der zur fröhlichen Brandmarkung vermeintlicher und tatsächlicher "Nazis und Rechtsextremisten" aufgerufen wird, durch Gelder der Bundesregierung unterstützt wird. Diese Mittel fließen aus dem Programm "Civitas - Initiative gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugendliche. Wohin solche Aufrufe führen, zeigt ein Fall aus dem vergangenen Jahr. Ein Student der Sozialpädagogik an der Fachhochschule Frankfurt am Main wurde als Mitglied der rechtsextremistischen Kameradschaft "Schwarze Division Germania" entlarvt. Der zweifache Familienvater stand nach bestandener Diplomarbeit kurz vor dem Abschluß. Ihm fehlte nur noch die mündliche Prüfung.

Nachdem allerdings seine Mitgliedschaft in der Kameradschaft publik gemacht worden war, weigerte sich sein betreuender Professor, ihm die Prüfung abzunehmen. Dabei mußte der Hochschullehrer zugeben, daß der betreffende Student während seines Studiums nie mit seiner politischen Gesinnung in Erscheinung getreten war.

So könnte es demnächst vielen vermeintlichen oder wirklich rechten Studenten ergehen, denn allein auf die Zerstörung der beruflichen Zukunft der Betroffenen zielt der Aufruf von Albert Scherr und Renate Bitzan ab.

Der Aufruf im Internet findet sich unter www.weimar-zeigt-sich.de 


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