© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/06 06. Oktober 2006

UMWELT
Hochwasserpolder gegen Klimawandel
Volker Kempf

Aufbruchszeiten sind Zeiten der Übertreibung - auch in der Umweltbewegung. Hysterie war im Spiel, wenn etwa der Kölner Dom unter Wasser gesehen wurde. Doch neben medialer Effekthascherei gab es von Anfang an differenziert argumentierende Umweltexperten. Diese warnen vor der Klimaerwärmung. Immer neue Meldungen von schmelzenden Eisbergen, mehr Dürren in Afrika und Tornados gehen durch die Presse. Zuletzt war nachzulesen, das US-Umweltministerium gehe von einer Klimaerwärmung bis zum Jahr 2100 um etwa drei Grad Celsius aus. Für Deutschland heiße das, noch mehr Hitze im Sommer - bis über 40 Grad - und weniger Regen.

Gleichzeitig werden in Deutschland Hochwasserpolder genehmigt, kürzlich am Oberrhein. Werden diese vielleicht überflüssig? Hier geht es schließlich nicht nur um Steuergelder, sondern auch um Heimat, die weiträumig überflutet werden soll. Oder nehmen nur die Wetterextreme bei uns zu, so daß niedrige und hohe Wasserstände immer deutlicher ausfallen? Ein Moratorium wäre nicht schlecht. Der Widerstand in den betroffenen Gebieten ist beträchtlich. Naturschützer des BUND und des WWF halten solche Überflutungen für normal, war der Rhein doch früher breitflächiger als heute. Doch die Rheinauen sind heute reich an Vegetation und Tieren. Längst kämpfen Bürgerinitiativen nicht mehr dafür, solche Polder zu verhindern, sondern möchten an der Ausgestaltung mitwirken. Aber warum nicht über das Grundsätzliche nachdenken? Das wäre eine politische Entscheidung. Einen fahrenden Zug zu stoppen ist schwierig. Sich später eingestehen zu müssen, etwas Überflüssiges für 40 Millionen Euro gebaut zu haben, noch schwieriger.


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