© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/06 06. Oktober 2006

Frisch gepresst

Neue Armut. "Elf Millionen sind arm oder von Armut bedroht, sieben Millionen leben auf Sozialhilfeniveau, fünf Millionen haben keine Arbeit, drei Millionen Haushalte sind überschuldet, also praktisch zahlungsunfähig", schreiben Nadja Klinger und Jens König (Leiter des Parlamentsbüros der taz) in ihrem neuen Buch über Armut in Deutschland. Schuld daran seien Hartz IV, Agenda 2010 und der Abbau des Sozialstaates. Obwohl Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut neben anderen EU-Ländern stehe, sei die wachsende Armut hierzulande immer noch höchst alarmierend. Die Politik habe versagt, aber auch das öffentliche Interesse fehle: Die Menschen gingen schließlich kaum noch auf die Straße, um zu demonstrieren. Im Reportagestil porträtieren die Autoren zwölf Menschen, "die von der Gesellschaft einfach abgehängt wurden". Im gewohnt politisch korrekten Stil bleiben die Fragen nach den eigentlichen Gründen für den Sozialabbau aber leider unbeantwortet (Einfach abgehängt. Ein wahrer Bericht über die neue Armut in Deutschland, Rowohlt, Berlin 2006, broschiert, 255 Seiten, 14,90 Euro).

 

Der Crash. Sollte sich die Prognose des Wormser Wirtschaftswissenschaftlers Max Otte erfüllen, werden Bücher über die "neue Armut" unserer Gegenwart wie rührende Schilderungen aus dem Schlaraffenland wahrgenommen werden. Wenn nämlich "der Crash kommt", als dessen Vorzeichen Otte bereits in ihren Ausmaßen kaum faßbare weltwirtschaftliche Verschiebungen zuungunsten "des Westens" erkennen will, dürfte die heutige kuschelige Sozialstaatlichkeit, die Armut dahingehend definiert, unterhalb eines luxuriösen Standards zu leben, bald ein für allemal am Ende sein. Selbst der breite deutsche Mittelstand, der durch die weltweit zweitgrößte Sparquote versorgt zu sein glaubt, wird darauf kaum bauen können, wenn Anlagen durch das Platzen vieler ökonomischer Blasen - allen voran die gigantische auf Pump aufgebaute US-Volkswirtschaft - ihren Wert verlieren. Wer dann nicht konservativ (Wohneigentum, Gold) abgesichert ist, was in Deutschland besonders im urbanen Milieu wenig Konjunktur hat, sollte sich schon heute nach einer Parzelle für die Eigenversorgung mit Grundnahrungsmitteln umsehen und sich die Adresse der nächsten Pfandleihe notieren (Der Crash kommt. Die neue Weltwirtschaftskrise und wie Sie sich darauf vorbereiten. Econ Verlag, gebunden, 299 Seiten, 18 Euro).


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