© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/06 20. Oktober 2006

UMWELT
Nichtssagend in der Energiepolitik
Volker Kempf

Angela Merkel ist "konsequent", erfuhren die Leser der Badischen Zeitung am 10. Oktober gleich auf der Titelseite. Anlaß ist der Energiegipfel, auf dem Angela Merkel erklärte, am Atomausstieg festzuhalten. Ist es konsequent, ständig seine Linie zu ändern? Mal für die Öko-Steuer, dann total dagegen. Mal für die Atomkraft, dann wieder dagegen. Auch ein Chamäleon ist konsequent, weil es aus einer veränderten Umgebung immer Konsequenzen zieht, nämlich seine Farbe ändert. Nun erfordert Politik ein gewisses Maß an Anpassung und Wendigkeit. Nur dürfen die Konturen dabei nicht verlorengehen. Genau das ist das Problem. Oder was soll man von Merkel-Aussagen wie "Die Festlegung langfristiger quantitativer Klimaschutzziele bedarf der umfassenden Bestandsaufnahme der klimatischen, technischen und wirtschaftlichen Konsequenzen" halten?

Wer keine Entscheidung fällen will, der entscheidet sich für umfassendere Bestandsaufnahmen, Untersuchungen, Kommissionen. Der Gipfel des Energiegipfels ist, daß aus dem, was über Klimaschutz, Energieeffizienz etc. bekannt ist, kein politischer Handlungswille abgeleitet wird. Wer nicht entscheidet, läßt andere entscheiden: den Koalitionspartner, die Energiewirtschaft. Damit kann man mit fast allen den Frieden wahren, ist aber kein handelndes Subjekt mehr.

Wofür das alles? Für den konsequenten Machterhalt. Auch Chamäleons wollen sich mit ihrer Strategie des scheinbaren Verschwindens erhalten. Nur welchen Sinn macht das in der Politik, scheinbar zu verschwinden? Man wird nicht angreifbar. Wer nicht angreifbar ist, sagt aber auch nicht viel aus. So wird Politik nichtssagend und macht verdrossen.


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