© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/06 20. Oktober 2006

Leserbriefe

Zu: "Und wenn dann der Kopf rollt ..." von Jens Knorr, JF 41/06

Mozart hätte verweigert

Natürlich ist das Absetzen von "Idomeneo" jetzt, wo dies aus Angst vor der Reaktion verhetzter Islamisten geschieht, ein Akt der Feigheit. Wie aber wäre es, wenn Geschmacklosigkeiten heutiger Regietheaterproduktionen gar nicht erst angedacht würden? Hätte Mozart ein Libretto (es wurde von abbate = Abt Giambattista Varesco geschrieben) vorgelegen, in welchem die abgeschlagenen Häupter von Platon, Buddha, Jesus und Mohammed vorgekommen wären: Er hätte die Komposition verweigert - und wohl niemand hätte zu jener Zeit sich dazu hergegeben, Musik für manifeste Kulturlosigkeit zu schreiben, die heute auch nicht mit Euphemismen wie "Kulturfreiheit" bedacht wird.

Die Aufklärung ist neben griechischer Antike und Christentum der dritte Pfeiler unserer abendländischen Zivilisation. Sie hat uns von Verirrungen der Kirche befreit und von ihren schrecklichen Auswüchsen (von Kreuzzügen und Ablaßhandel bis hin zu Hexenverbrennungen und Inquisition) - aber auch jene Säkularisierung beschert, durch welche das Christentum zahnlos geworden ist. Ein abgeschlagenes Haupt des Erlösers sollte auch uns Christen nicht gleichgültig sein.

Hans-Gert Kessler, München

 

Idomeneo als Integrationstest

Anstatt Mozarts Oper "Idomeneo" abzusetzen, sollte man ihren Besuch zur Pflichtveranstaltung aller Integrations- und Einbürgerungskurse und deren Teilnahme als eine der Grundvoraussetzungen zur erfolgreichen Einbürgerung in allen europäischen Staaten machen! Durch den friedlichen Besuch dieser Mozartoper kann der Einbürgerungskandidat zeigen, daß er ein Mindestmaß einer minimalen, europäischen Kulturtoleranz besitzt beziehungsweise erworben hat, und wird auch durch den Besuch zumindest bis an den Stand der Europäischen Aufklärung vom 29. Januar 1781 und die europäischen Kultur und Denkweise dieser Zeit schon mal herangeführt!

Dr. Bernhard J. Giesguth, Mönchengladbach

 

Zweierlei Maß

In der Berliner "Idomeneo"-Aufführung wird neben anderen Religionsstiftern der Prophet Mohammed geköpft. Eckhard Henscheid bezeichnete in seinem Jean Paul ebenbürtigen Roman "Dolce Madonna Bionda" den Urheber derartigen Opernstusses, Neuenfels, mit viel Sachkenntnis bereits 1990 als "Arschloch aus Tübingen", womit man sich schmunzelnd zurücklehnen könnte. Bliebe da nicht ein seltsames Unbehagen an unserer Bühnenwelt, in der seit Jahrzehnten fast unwidersprochen auf der Religion des alten Europa herumtrampelt werden darf, während wegen eines angeblich antiislamischen Inszenierungsmätzchens gleich eine ganze Oper kassiert wird.

Schade, daß Mozart, der ja auch die "Entführung aus dem Serail" zu verantworten hat, dem modernen Regietheater keinen Brief mehr im Bäslestil hinterherschicken kann. Nicht nur die Götter verfielen in ein homerisches Gelächter vor soviel Berliner Intendantinnendämlichkeit.

Helmut Englmann, Johannesberg

 

 

Zu: "Der Nachmittag der zornigen Lehrerinnen" von Anni Mursula, JF 41/06

Bildung als Einkommensfrage

Gerade in Berlin sind die Probleme an Brennpunktschulen besonders deutlich, trotz einer Vielzahl von Projekten und Fördermaßnahmen für Bildungsverweigerer und Kinder nichtdeutscher Herkunft. Das Problem ist, daß die Hilfen zumeist nicht angenommen werden, da das Interesse daran seitens der Zielgruppe zu gering ist.

Es ist daher eher von einer Benachteiligung der Mitschüler auszugehen, die mit den Problemkindern in einer Klasse sind und um ihre Bildungschancen gebracht werden. Kein Wunder, daß es eine Schülerflucht der wahren Benachteiligten zu Privatschulen gibt, die mit kleinen Klassen und besserem Unterrichtsklima locken. Bildung wird zur Einkommensfrage, da die staatlichen Schulen besonders in sozialen Brennpunkten mit dem gesellschaftlichen Problem auf diese Weise nicht fertigwerden.

Oliver Keller, Berlin

 

 

Zu: "Feigheit regiert Europa" von Dieter Stein, JF 40/06

Deutsche Passivität

Wenn der Film "Wut" wirklich auf die Feigheit der Deutschen hinweisen will, die nicht mehr in der Lage sind, sich oder ihre Familien zu schützen, so hat dies doch nur einen Grund: Den Deutschen ist jahrelang aberzogen worden, für sich und ihre Gemeinschaft einzustehen. Wir sind ein Volk von Individualisten, die mittlerweile beim kleinsten Nachbarschaftsstreit sofort zum Anwalt und anschließend zu Gericht rennen.

Dennoch sind die Deutschen natürlich in der Lage, sich ihrer Haut zu erwehren. Jedoch sieht man dann abends in der Tagesschau, wo das hinführt; nach Karlsruhe, mit einem Sack über dem Kopf und Fesseln an Händen und Füßen. Diese Bilder, die tagelang über den Fernseher flimmerten, als zwei Deutsche angeblich einen Schwarzafrikaner verprügelt hatten, haben Symbolkraft. Jeder Zuschauer weiß nun, sich im Ernstfall lieber von Ausländern beschimpfen, beleidigen und sogar angreifen zu lassen, als sich zu wehren. Wem also ist es dann noch zu verdenken, daß er die Frage der persönlichen Ehre unterordnet gegenüber der gesellschaftlichen Verteufelung bis hin zu persönlichen Repressalien?

Thorsten Wißing, Mülheim a.d. Ruhr

 

Zukunft der Enkel

Was ist denn für uns unverzichtbar? Über welche Brücke gehen wir nicht - niemals? Was müssen wir von den Muslimen in unserem Land nach den Buchstaben unseres Grundgesetzes unverzichtbar verlangen - mit der Konsequenz des Verlassens unseres Landes? Ein Dialog ist eine gute Sache, wenn man genau weiß, was verhandelbar ist. Weiß das der träumende Innenminister? Ich sehe mit großer Sorge in die Zukunft meiner Enkel. Das Handeln deutscher Politiker gibt mir keine Hoffnung.

Dieter Pfeiffer, Berlin

 

 

Zu: "Allzu freundliches Feuer" von Felix Krautkrämer, JF 40/06

Auf wessen Seite wir stehen

Ein Angriff auf ein Schiff der Bundesmarine nach dem Muster der Attacke auf die USS "Liberty" im Jahre 1967 braucht bei dem aktuellen Nahost-Einsatz kaum befürchtet werden - er wäre unnötig. Schließlich wurde unter anderem von Frau Merkel schon mehr als deutlich gesagt, auf wessen Seite Deutschland stehen werde.

Fritz Werner, Verden-Borstel

 

 

Zu: "Revolte gegen den Lügenpremier" von Georg Pfeiffer, JF 40/06

Für wen soll man beten?

Mit Genugtuung habe ich Ihre Publikation über die Revolte in Ungarn zur Volksverdummung gelesen. Respekt vor diesem Mut! In unserem Land bewegt sich in dieser Richtung wenig; die Deutschen murren zwar über all das, was uns an Negativem von der Regierung aufgezwungen wird, aber jede öffentliche Kritik wird mit Freiheitsentzug oder Geldstrafen abgehandelt.

Mich persönlich schmerzt bis ans Ende des Lebens die Tatsache, daß man im Bundestag die Abschreibung der Heimat von vielen Millionen Vertriebenen aus den Ostgebieten Deutschlands gegen jegliches Völkerrecht stehend mit Sekt begoß. Man feierte die "Wiedervereinigung" Ende 1989.

In den Kirchen betet man für diese Politiker, damit sie das Rechte zum Volkswohl tun können. Sie tun und reden, was sie wollen, ohne Verpflichtung zu ihrem abgelegten Amtseid. Der Preußenkönig Friedrich II. sah sich als erster Diener seines Landes. Unter seinem Zepter entstand ein blühendes Staatswesen. Für solch einen Regenten würde ich beten, um noch zu erleben, daß unser ausgeblutetes Land die Hoffnung hat, wieder voranzukommen. Das walte Gott.

Gertrud Bell, Nürnberg

 

 

Zur Meldung "NRW setzt auf Ausländer als Polizisten", JF 39/06

Infiltration oder Übernahme?

Es ist schon ungeheuerlich, was Politik uns Bürgern so tagtäglich verkauft: noch mehr Ausländer in den deutschen Polizeidienst. Warum verhökern wir denn nicht gleich unseren gesamten Staatsapparat den Meistbietenden im Ausland oder an die hier lebenden Ausländer? Das würde dem Haushaltsdefizit doch enorm entgegenkommen.

Der ausländische Polizeibeamte, ohne Bindung und Verpflichtung unserem Staat gegenüber, kann sicher besser beurteilen, wie man mit in Deutschland vermeintlichen Gesetzesübertretern umzugehen hat, und adaptiert so seine Sicht der Dinge auf unsere deutschen Verhältnisse. Infiltration nennt man das landläufig, oder noch besser: feindliche Übernahme! Noch lächerlicher ist nur noch das Argument, daß damit Sprachbarrieren abgebaut werden könnten und somit die "ethnisch Vielfältigen" uns besser verstehen lernen!

Ulla Stroot, Dortmund

 

 

Zu: "Museumsreife Technik" von Manfred Kölsch, JF 39/06

Weltweite Kernkraftboom

Manfred Kölsch listet in seinem Beitrag zur Energiepolitik altbekannte Argumente gegen die Kerntechnik auf. In der Überschrift versteigt er sich zur Behauptung, diese wäre museumsreif und könne die Energieprobleme der Zukunft nicht lösen. Doch da, wo er über den deutschen Tellerrand hinausguckt, sieht es anders aus. Die den Artikel begleitende Grafik "Kernkraft-Boom" läßt nämlich gegenteilige Schlüsse zu. Jedenfalls ist weltweit ein ungebrochener Anstieg der Stromproduktion aus Kernkraft festzustellen.

Kölsch erwähnt den vom deutschen Professor Rudolf Schulten entwickelten Hochtemperaturreaktor (HTR). Ein entsprechender Versuchsreaktor, der AVR, wurde im Forschungszentrum Jülich 21 Jahre lang erfolgreich betrieben. Daß die größere Anlage in Hamm-Uentrop nicht befriedigte, sei unbestritten. Zu den technischen Problemen gesellten sich noch die Schikanen der Atomaufsicht. Inzwischen wird jedoch die Hochtemperaturtechnik weiterentwickelt. Für ein Projekt in Südafrika wurden gar bereits im Ruhestand befindliche Fachleute der Firma Nukem mobilisiert. Es handelt sich bei diesen Planungen um Reaktoren der vierten Generation. Zunächst werden jedoch die Reaktoren der dritten Generation gebaut. Finnland und Frankreich haben sich mit den Standorten Olkiluoto und Flamanville bereits für den europäischen Druckwasserreaktor EPR entschieden.

Reinhard Wolf, Großkrotzenburg

 

 

Zu: "Evolution auf Hochglanzformat" von Ernst Brandl, JF 39/06

Europäische Einheitspresse

Eine Richtigstellung bezüglich dieses Artikels erscheint mir in Anbetracht meiner Kellnertätigkeit im Bräunerhof, einem alten Wiener Innenstadtkaffeehaus, als notwendig. Die Resonanz auf den Österreicher ist gottlob eine denkbar schlechte in Wien, da er sich nahtlos in unsere Einheitspresse einfügt. Ein Herr Fellner, der seine Zeitschrift News mit unhaltbaren Aussagen zur Briefbombenaffäre hochbrachte, ist den meisten ohnehin suspekt, und keiner unserer Gäste hat sich von dieser "neuen" Tageszeitung etwas erwartet. Zum Kaffeehausleser sei allerdings erwähnt, daß dieser sich mit einer Kronen-Zeitung maximal einliest, um bei einer NZZ oder FAZ zu enden.

Unter dem Strich läßt sich allerdings sagen, daß sich alle diese Zeitungen kaum noch intellektuell voneinander unterscheiden und sich in einer europäischen Einheitspresse einreihen lassen. Den für mich einzigen Gegenpol dazu stellt die JF dar, denn selbst ihr kleiner Bruder, die Zur Zeit ist im Grunde nur noch ein Parteiblatt. Fazit: Eine Menge an Kosten für die gleiche Richtung! Also kann man es dem Österreicher kaum verdenken, daß er diese "Vielfalt" lieber abgekürzt im handlichen Format - bevorzugt in der U-Bahn - konsumiert. Ein Hoch auf unsere freie Presse!

Josef Pleininger, Wien

 

 

Zu: "Lockerungsübungen: Praktikanten" von Karl Heinzen, JF 39/06

Ohne Praxis kaum wertvoll

Mit einer Würze von schwarzem Humor zeigt Ihr Artikel, daß dieses Problem der "Generation Praktikum" viel tiefere Wurzeln hat, als es die öffentlichen Massenmedien zugeben wollen.

Viele Jugendakademiker, mal abgesehen von irgendwelchen Jobs während der Semesterferien, schnuppern nach dem Studium das erste Mal die Luft des Berufslebens. Wo man vor vierzig Jahren ohne abgeschlossene Lehre an keiner Hochschule zum Studium zugelassen wurde, ist der heutige Werdegang ein anderer: Abitur, Wehrdienst oder Zivildienst, danach - ohne jegliche einschlägige Berufserfahrung in seiner Branche - die Aufnahme eines Studiums.

Da kann man zwar theoretisch gut drauf sein, beste Klausuren haben, aber ohne gewisse Praxis ist dies kaum wertvoll. Hier werden nun die Spätfolgen der 68er Bildungsreform deutlich spürbar: Nach sozialistischen Bildungsidealen sollen möglichst alle die Abschlußprüfungen schaffen, egal, wie gut oder schlecht der Einzelne ist. Alle sollen durchgeschleust werden. Um dies zu schaffen, muß das Ausbildungs- und Anforderungsniveau an den Leistungsschwächsten orientiert werden.

Andererseits kann man nach Ende seiner Berufsausbildung sowieso etwa drei Viertel von dem, was man in der Berufsschule oder in der Uni gelernt hat, völlig vergessen. Das verbleibende wichtige Viertel reicht aber nicht aus, um im Berufsleben seine Arbeit zu meistern.

Also bleibt nur das Praktikum als "Studium nach dem Studium" als Ausweg. Die Betriebe müssen nun die Aufgaben bewältigen und ausbaden, die das Bildungssystem versäumt hat.

Alexander Noaghier, Bremen

 

 

Zu: "Sprachkunst" von Ulrich Kriehn, JF 39/06

Kleine Verwechslung

In der Musikbesprechung zu "Sterbender Satyr" der Gruppe Orplid hat der Autor etwas verwechselt. Musik und Gesang stammen ausschließlich und vollständig von Frank Machau, die weiblichen Gesangbeiträge einmal ausgenommen.

Stephan Pockrandt, Dresden

 

 

Zu: "EU-Stiefkind Volksgruppenrecht" von Andreas Mölzer, JF 39/06

Täuschungen

Solange Ödenburg eine deutsche Stadt in Ungarn war, durfte sie nur Sopron heißen. Seit sie - infolge Vertreibung und staatlich forcierter Zuwanderung - total madjarisiert ist, darf sie auch Ödenburg genannt werden.

Ähnliches gilt auch für die ehemals schwäbischen Dörfer um Fünfkirchen (Pécs). Und von den "ungarndeutschen Selbstverwaltungen" muß man wissen, daß Deutsch dort weder Amts- noch Verkehrssprache ist. Beim von Mölzer "positiv hervorgehobenen" Minderheitenschutz in Ungarn handelt es sich also - bei Licht besehen - um Täuschungen.

Franz Wesner, Dortmund

 

 

Zu: "Das gibt's ja gar nicht" von Felix Krautkrämer, JF 36/06

Schlechte Pisa-Ergebnisse

Die Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche entstand nach Einführung der "Ganzheits-Lesemethode", die pädagogisch auf der ganzheitlichen Erfassung von Texten beruht. Da Schulanfänger ein gutes Gedächtnis haben, können sie Wörter und auch längere Texte auswendig behalten und den Lehrer darüber hinwegtäuschen, daß sie neue Wörter nicht "er"-lesen können, weil sie die Sprache optisch, statt - zumindest nicht genügend - vom Laut her gelernt haben.

Den Beweis für diese Behauptung liefern die seit den 60er Jahren in den Grundschulen eingesetzten "Schulpsychologen", die die Legasthenie bekämpfen sollten. Aber statt das Grundübel der mangelhaften "Lautierung" im Erst-Lese-Prozeß zu erkennen und anzugehen, schob man die Schuld den Kindern zu. Die Psychologen verschafften sich eine Dauerstellung, indem man sie nur nachträglich an den Symptomen reparieren ließ.

Wie in dem Artikel richtig beschrieben, haben viele, die von Lese-Rechtschreib-Schwäche betroffen sind, sich trotz ihrer Behinderung mit Tricks helfen und "durchschmuggeln" können. Ihrem Artikel nach sollen es einige ja sogar bis zum Lehrer geschafft haben. Aber zu den schlechten Pisa-Ergebnissen trägt es bestimmt bei.

Wilhelm Fuehrer, Köln


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