© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/06 20. Oktober 2006

Österreichtag auf 3sat:
Tradition und Schmäh
Christoph Martinkat

Österreicher gelten als besonders traditionsbewußt. Ein solches Bewußtsein erfordert neben dem souveränen Umgang mit der eigenen Geschichte offenbar eine gute Portion Schmäh. Schien doch im Ergebnis zweier verlorener Weltkriege nichts gesicherter als das Ende aller Tradition. So fiel es Nachkriegsösterreich auch sichtlich schwer, einen Nationalfeiertag ohne Traditionsbezug zu installieren. Letztlich wählte es jenen, der mit Worten wie "immerwährend" und "Neutralität" am ehesten Tradition zu werden versprach, den 26. Oktober.

Anläßlich seiner Wiederkehr strahlt 3sat in guter Tradition - wie der Sender betont - auch das diesjährige Festprogramm aus. Es beginnt um 9 Uhr mit der Dokumentation "deutsch sein kunstsprach" über den kubanischen Jandl-Übersetzer Francisco Diaz und endet um Mitternacht mit "Kulturzeit extra" über psychisch kranke Künstler. Pünktlich zur Mittagszeit gibt es das "traditionelle Festkonzert" der Wiener Philharmoniker. Auf dem Programm stehen, unter dem Dirigat von Nikolaus Harnoncourt, zum Mozart-Jahr Mozart sowie Beethoven. Von der Schmäh wiederum kann man sich ab 14.15 Uhr überzeugen. In dem Beitrag "Dunkles, rätselhaftes Österreich" geht es um einen "zentralafrikanischen Forscher", der ins "unberührte Oberösterreich" vordringt, um die "Gebräuche der dort lebenden Stämme zu studieren". Gefolgt von einer Hommage an Helmut Qualtinger und einem Film von Walter Wippersberg, der historische Beweise zur Geschichte Österreichs ironisch in Frage stellt. Viel Tradition eben und Schmäh.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen