© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/06 03. November 2006

Täuschungsmanöver
von Paul Rosen

Angela Merkel hat ein Problem: Zum erstenmal in ihrer Amtszeit steht sie unter Verdacht, die Öffentlichkeit und das Parlament belogen zu haben. Die deutsche Marine hat vor der Küste des Libanon doch nicht die freie Fahrt, die Merkel noch Mitte September vor der Abstimmung im Bundestag versprach. Auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung steht unter demselben Lügen-Verdacht und darüber hinaus noch unter größerem Druck, weil er nicht so recht erklären kann, wieso seine Soldaten im Auslandseinsatz dämliche Spielchen mit Totenköpfen treiben und Vorgesetzte nichts davon merken.

Politisch ist das Libanon-Mandat der heiklere Fall. In Deutschland ist für die Entsendung von Truppen ins Ausland stets ein Beschluß des Bundestages notwendig. Die Mehrheit für das Libanon-Mandat schien selbst in der Großen Koalition, die über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügt, im Bundestag nicht sicher zu sein. Viele Abgeordnete wollten nicht, daß deutsche und israelische Truppen in Berührung kommen könnten. Das ist sogar passiert, und es grenzt an ein Wunder, daß diese nicht gerade freundlichen Begegnungen ohne Folgen blieben. Vielen Politikern war auch klar, daß der Waffenschmuggel über Land erfolgt und die Flotte nur Placebo-Bedeutung hat. Aber die Stationierung von deutschen Heerestruppen wollte auch niemand. So versprachen Merkel und Jung freie Fahrt, vergaßen aber zu erwähnen, daß die Verhandlungen bei den UN noch nicht abgeschlossen waren. Die eigenen Abgeordneten zu täuschen, ist noch keiner Regierung gut bekommen.


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