© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/06 03. November 2006

Das Urteil eines Atheisten
Kritisches zum Vatikan
Werner Olles

Geschichtsfälschungen auf Kosten der römisch-katholischen Kirche sind inzwischen nicht mehr das Privileg von notorischen Katholizismus-Hassern wie Karlheinz Deschner oder cleveren Werbestrategen und Fantasy-Autoren wie Dan Brown. Längst glaubt jeder "Freidenker" die Kirche als kriminelle Gemeinschaft von Betrügern und Mördern und nebenbei in einem Aufwasch die gesamte christliche Verkündigung als falsch darstellen zu müssen. Viele historisch und theologisch ungebildete Leser lassen sich leider von solchen - mittlerweile zwar tausendfach widerlegten - Lügen beeindrucken, wobei nicht zuletzt die eigenen tiefsitzenden Vorurteile eine wichtige Rolle spielen. Hinzu kommt oft das Unvermögen, nach den zehn Geboten zu leben oder immerhin so etwas wie ein Sündenbewußtsein zu entwickeln und wenigstens den Versuch zu wagen, ein anderes Leben zu führen.

Besonders perfide sind in der Regel die Angriffe aus der Ecke des politischen Extremismus. Einer, der sich hier besonders hervortat, war Peter Maslowski, Schüler Rosa Luxemburgs, aktiver Teilnehmer am Berliner Spartakus-Aufstand und am "Ruhrkampf". Der enge Mitarbeiter Willi Münzenbergs und KPD-Reichstagsabgeordnete war 1919 aus der katholischen Kirche ausgetreten und avancierte in der Folgezeit zum führenden Funktionär des "Freidenker-Verbandes", für dessen Zentralorgan Der Atheist er zahlreiche Artikel verfaßte. Als Sprecher seiner Partei für Religions- und Kirchenpolitik veröffentliche er mehrere Bücher, die zum Teil neu aufgelegt wurden, wie "Klerikalismus und Proletariat. Zur Religionsfrage und andere Schriften", in dem er sich polemisch mit dem Konkordat, der Zentrumspartei und der Frauenfrage auseinandersetzt.

Auch das jetzt erschienene Buch über die Geschichte der Konzile, das als Alterswerk des 1983 verstorbenen Berufsrevolutionärs gilt, bildet da keine Ausnahme. Historiker und Theologen werden sich bei der Lektüre die Haare raufen. Merkwürdig mutet indes an, wieso ausgerechnet Johannes XXIII. bei dem Autor so gut wegkommt. Darüber sollten sich Katholiken vielleicht einmal Gedanken machen.

Felix Weiland (Hrsg.): Peter Maslowski.Papstkirche ohne Heiligenschein. Geschichte der Konzile von Konstanz bis zum II. Vatikanum. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2006, broschiert, 345 Seiten, 20 Euro


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen