© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/06 10. November 2006

Hängen für Bush
von Peter Lattas

War das verkappte Wahlkampfhilfe? Zwei Tage vor den Kongreßwahlen, bei denen Bushs Mehrheit auf dem Spiel steht, wird Saddam Hussein zum Tod am Galgen verurteilt. Für den Ex-Diktator mag es ein schwacher Trost sein, daß er nach einem irakischen Strafrecht verurteilt wird, das im wesentlichen von ihm selbst erlassen wurde. Nicht der einzige Schönheitsfehler an diesem Tribunal.

Es ist ein offenes Geheimnis, daß die US-Macht ihren prominentesten Gefangenen vor allem deshalb einem irakischen Gericht übergab, weil ein internationales Tribunal die Todesstrafe nicht verhängen würde. Und wohl auch, damit Saddam Hussein nicht zuviel vor den Ohren der Welt erzählen konnte. Die längste Zeit seines Diktatorenlebens war er schließlich Washingtons Hätschelkind. Als Hussein die Verbrechen beging, für die er heute hängen soll, erfreute er sich des Wohlwollens und großzügiger Waffenlieferungen aus den USA.

Einst hieß es, man wolle den Irak zum demokratischen Musterstaat für die ganze Region befreien, mit der eigenständigen juristischen Aufarbeitung der Diktatur als Krönung. Als gäbe es in einem besetzten Land eine unabhängige Justiz in Haupt- und Staatsdingen. Geblieben ist die vage Hoffnung, mit Husseins Liquidation den Aufständischen ihre Galionsfigur zu nehmen - die sie freilich schon lange nicht mehr brauchen. Vielmehr wird das einer Siegerjustiz zugeschriebene Todesurteil die Spaltung des Irak noch weiter vorantreiben. Als Todeskandidat mag sein Erzrivale George W. Bush noch ein letztes Mal nützlich sein - am Scheitern seiner Strategie wird das nichts ändern.


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