© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/06 01. Dezember 2006

Mehr Freiheit
Bildung: Privatschulen fordern einen "fairen Wettbewerb"
Anni Mursula

Immer mehr Kinder in Deutschland besuchen keine staatliche Schule mehr. Laut dem Statistischen Bundesamt stieg die Zahl der Kinder, die statt dessen eine Privatschule besuchen, im Schuljahr 2005/2006 auf 6,7 Prozent. Ein Grund für das Florieren der Privatschulen sind die Skandale der vergangenen Jahre. "Nach der Pisa-Studie und der Schließung der Rütli-Schule in Berlin stehen Eltern unter wachsendem Druck. Sie überlegen immer genauer, auf welche Schule sie ihre Kinder schicken", sagte der Vorsitzende des Landesverbandes Berlin-Brandenburg des Verbandes Deutscher Privatschulen (VDP), Andreas Wegener, am vergangenen Freitag auf dem VDP-Bundeskongreß. "Aber auch wenn diese Skandale vom Scheitern der öffentlichen Schulen sprechen, werden sie oft übertrieben und für politische Ziele instrumentalisiert", sagte Wegener. "In Wahrheit gibt es seit Jahren eine konstante Bewegung hin zu den privaten Schulen."

Im VDP sind rund ein Fünftel der deutschen Privatschulen und zahlreiche freie Einrichtungen in der Erwachsenenbildung organisiert. Der bereits 1901 gegründete Verein bindet seine Mitglieder weder konfessionell noch parteilich. Auf dem Bundeskongreß am vergangenen Wochenende wurde aber neben aktuellen bildungspolitischen Fragen auch über Grundsätzliches debattiert: Der VDP fordert unter anderem "bessere Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb" und mehr Freiräume für Schulen in freier Trägerschaft. Dazu hatte der Verband sowohl Bundestagsabgeordnete als auch Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin zur Diskussion eingeladen.

"Die Geschichte der Pädagogik ist die Geschichte privater Initiativen", sagte der Bundesvorsitzende des VDP, Michael Büchler, auf der Pressekonferenz. Deshalb fordere der VDP die Länder auf, die Rahmenbedingungen für Schulen in freier Trägerschaft so zu verbessern, daß der Zugang aus allen Schichten gewährleistet und gleichzeitig ein fairer Wettbewerb mit den staatlichen Schulen ermöglicht wird. "Von diesem Wettbewerb profitiert schließlich auch das staatliche Schulwesen, das immer wieder erfolgreiche Beispiele aus dem privaten Schulbereich übernommen hat", sagte Büchler. In der Vergangenheit wurde zum Beispiel der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen kopiert. Momentan wird über Ganztagsschulen diskutiert: "Diese sind eine 'Erfindung' der Privatschulen. Jetzt wird diskutiert, ob dieses Modell auch auf staatliche Schulen übertragbar wäre", sagte Büchler.

"Insgesamt darf man nicht vergessen, daß der Staat weder ein Bildungs- und Erziehungsmonopol noch ein Schulmonopol besitzt", erinnerte Büchler. Deshalb fordere der Verband Deutscher Privatschulen mehr Freiräume und Unterstützung für Privatschulen und beruft sich dabei auf das Grundgesetz: Der Staat ist verpflichtet, Privatschulen nicht nur zu dulden, sondern auch zu gewährleisten. Vielfalt im Bildungswesen gehöre demzufolge zur freiheitlich-demokratischen Staatsform.

Vielfalt aber nicht nur unter den Schultypen sondern auch in der Schulform: Dazu gehöre auch das Modell der Ganztagsschule. "Diese stellen ein gutes Zukunftsmodell dar. Und trotzdem sind wir nicht der Meinung, daß Ganztagsschulen ein 'Allheilmittel' sind", sagte Büchler. Der VDP gehe grundsätzlich von einem mündigen Bürger aus, dem eine Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Schulmodellen geboten werden solle. Wichtig sei zu erkennen, daß es nicht einen einzigen richtigen Weg gibt. "Deshalb könnte man zusammenfassen, daß der VDP eine Pluralität der Wege bei einer Vereinheitlichung der Ziele fordert", sagte Büchler.


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