© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/06 08. Dezember 2006

Einbürgerung leicht gemacht
Integration: Die Bundesregierung gibt Tips für den Erwerb des deutschen Passes
Anni Mursula

Sie haben eine ausländische Staatsangehörigkeit, aber leben bereits längere Zeit in Deutschland? Sie wollen dauerhaft hierbleiben? Dann laden wir Sie ein, gleichberechtigte Bürgerin oder Bürger unseres Landes zu werden und die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen", schreibt die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration in einer offiziellen Einbürgerungsanleitung mit dem Titel: "Wie werde ich Deutscher?"

In dieser 47seitigen Broschüre werden verschiedene Wege zur Einbürgerung aufgezeigt, wodurch der herzlich "eingeladene" Deutschanwärter von der Regierung eine Art Gebrauchsanweisung bekommt, wie er möglichst leicht an eine deutsche Staatsbürgerschaft gelangt. "Wann habe ich Anspruch auf Einbürgerung?" heißt eines der Kapitel und verrät gleichzeitig die Motivation der Verfasser. Es hätte schließlich auch den Titel tragen können: "Wann erfülle ich die Bedingungen, um eingebürgert zu werden?"

Freute man sich darüber, daß wenigstens ein paar Anforderungen an die Einbürgerungskandidaten gestellt werden, wird man schnell eines Besseren belehrt: Im nächsten Satz steht bereits immer, in welchen Fällen eine Ausnahme möglich ist. Offiziell heißt es zum Beispiel, man müsse ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen. Die Relativierung folgt jedoch sogleich: "Perfekte Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift sind für eine Einbürgerung nicht erforderlich."

Frage der mangelnden Deutschkenntnisse

Für die Regierung zeigen sich ausreichenden Deutschkenntnisse bereits darin, wenn der Antragsteller mit Behörden zurechtkommt und seine Anliegen dort äußern kann. Ob schriftliche Kenntnisse überhaupt verlangt würden, sei abhängig vom Bundesland. Zum Beispiel reiche es auch, wenn man vier Jahre erfolgreich eine deutschsprachige Schule besucht hat. Daß die mangelhaften Deutschkenntnissen vieler Haupt- und Sonderschüler sogar nach neun Jahren Schulpflicht jüngst in Frage gestellt worden sind, ist den Verantwortlichen anscheinend entgangen.

Ganz nebenbei wird dem Einbürgerungskandidaten in der Broschüre auch erklärt, wie er manche dieser Mindestanforderungen noch umgehen kann: Kann er die 255 Euro für eine Einbürgerung nicht bezahlen "besteht die Möglichkeit, von der Gebühr zum Beispiel aus Gründen der Billigkeit abzuweichen" und weniger oder "gar keine Gebühren" zu bezahlen. Hier drängt sich die Frage auf, wie man "den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bestreiten" kann - einer der weiteren "Bedingungen" -, aber gleichzeitig nicht in der Lage ist, die für die Einbürgerung erforderlichen 255 Euro zu bezahlen. 

Das Heft im Internet: www.einbuergerung.de 


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