© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/06 08. Dezember 2006

Ganz unten
Parteitag: Vorsitzender der Offensive D tritt zurück
André Freudenberg

Die Offensive D, die ehemalige Schill-Partei, hielt ihren Bundesparteitag am vergangenen Wochenende nicht zufällig im idyllischen Städtchen Bad Harzburg in Niedersachsen ab. Dort nämlich erzielte sie ihr bestes Kommunalwahlergebnis in diesem Jahr: Mit 6,6 Prozent ist die Partei im Stadtrat vertreten.

Ansonsten gaben die Wahlergebnisse kaum Anlaß zur Freude. Der mit dem Wahlsieg in Hamburg 2001 verbundene "Höhenrausch" der inzwischen auf knapp über 800 Mitglieder geschrumpften Partei sei vorbei, so Parteichef Markus Wagner in seiner Eröffnungsrede. "Wie sind ganz unten." Angesichts dessen verstehe er nicht, warum manche Mitglieder im parteieigenen Internetforum lange Beiträge verfaßten und dabei mitunter andere Parteifreunde beleidigten, anstatt die Zeit sinnvoller einzusetzen, für kommunalpolitische Basisarbeit beispielsweise. Schon zu Beginn ließ Wagner durchblicken, was er am darauffolgenden Tag verkündete: seinen Rücktritt vom Parteivorsitz - aus persönlichen Gründen.

Sein Stellvertreter, Alexander von der Marwitz, der das Amt kommissarisch übernimmt, erläuterte mit erstaunlicher Offenheit die finanzielle Lage der Partei: Es sei über die Verhältnisse gelebt, kaufmännische Grundregeln der Buchung und Kontierung seien mißachtet worden. Rechenschaftsberichte konnten so nicht fristgemäß eingereicht werden, was dazu führte, daß Nachfristen beantragt werden mußten. Er beziffert den finanziellen Schaden, der der Partei durch fehlerhafte Buchungen zwischen 2001 und 2005 entstanden sei, auf 684.000 Euro. Auch die Zahlungsmoral der Mitglieder ist für die finanzielle Situation nicht eben förderlich. Gerade einmal knapp über die Hälfte bezahlten 2006 ihren Beitrag. Trotz allem macht die 2005 begonnene finanzielle Konsolidierung Fortschritte, und spätestens Anfang 2009 will man bei der Bundestagsverwaltung schuldenfrei sein. Durch Satzungsänderungen soll mehr Transparenz geschaffen und Zweckentfremdung sowie Verschwendung von Parteigeldern zukünftig verhindert werden.

Berliner Landesverband tritt Deutscher Partei bei

Am Sonntag versuchte die Partei dann den Blick nach vorne zu richten. Eine Debatte entzündete sich gleich wieder an Parteiinterna: Diesmal am Begriff "rechtsstaatlich" aus dem vollständigen Parteinamen Partei Rechtstaatlicher Offensive. Manche Wahlkämpfer monierten, dies werde von den Bürgern zu sehr mit "rechts" in Verbindung gebracht. Kay Watermann aus Sachsen-Anhalt etwa sagte: "Es geht mir im Wahlkampf tierisch auf den Keks, ständig über den Begriff 'rechtsstaatlich' zu diskutieren." Der Vorschlag, "rechtsstaatlich" durch "demokratisch" zu ersetzen, fand indes keine Mehrheit.

Über den Zustand der Partei macht sich niemand mehr Illusionen. Weitermachen wollen die meisten Delegierten dennoch. Der Landesverband Sachsen-Anhalt schlägt eine Fusion mit anderen Kleinparteien vor. Der Berliner Landesverband ging bereits einen Schritt weiter: Anfang der Woche erklärte er den Beitritt zur Deutschen Partei. Zumindest, so scheint es, hat die Partei erkannt, daß viele Probleme "hausgemacht" sind, und ist zunehmend bereit, aus Fehlern zu lernen. André Freudenberg


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