© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/06 15. Dezember 2006

Kolumne
Steuersätze oder Grundsätze?
Klaus Hornung

Parteitage sind im allgemeinen nicht die Orte politischer Erleuchtungen. Ausnahmen bestätigen die Regel, so als beim jüngsten Parteitag der CDU in Dresden der saarländische Ministerpräsident Peter Müller die Seinen mahnte, über das dauernde Reden um Steuersätze doch bitte schön nicht die eigenen Grundsätze zu vergessen. Doch die tausend Delegierten beschlossen, sich lieber im verordneten Einigkeitsjubel zu ergießen, anstatt nachzudenken - nämlich über den Niedergang der Partei Konrad Adenauers und seine Gründe. Man hätte dann freilich darüber sprechen müssen, wie die Partei leichtfertig das rot-grüne Gleichstellungsgesetz schluckte, daß sie das ur-rotgrüne Projekt des "Kampfes gegen Rechts" weiterhin mit Steuermitteln unterstützt, obwohl dieser Kampf vor allem der Beschäftigung und Finanzierung einer "antifaschistisch"-linksextremen Klientel dient, oder daß der stets zu Diensten stehende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble soeben nach Wunsch und Willen des roten Koalitionspartners die geduldeten Ausländer "legalisierte".

Die Gründe des Niedergangs der einstigen Volkspartei der rechten Mitte sind in der Tat zahlreich und vielfältig. Sie haben vor allem damit zu tun, daß das Markenzeichen der CDU in der Ära Angela Merkels ihre Grundsatzlosigkeit geworden ist: ihre Grundtendenz, des Machtgewinns und -erhalts wegen ihre Prinzipien so hoch zu hängen, daß sie leicht darunter durchschlüpfen kann. Das hat bekanntlich vor allem die nationalkonservative und patriotische Minderheit der Partei leidvoll genug erfahren müssen. Der "Fall Hohmann" ist hier unvergessen. Dabei müßte die Partei sich nur des von ihr so oft beschworenen "christlichen Menschenbildes" erinnern, um zu wissen, daß der Mensch nun einmal nicht "vom Brot allein lebt". Oder ein anders Beispiel: Der Freistaat Sachsen zeigt, daß sich berechtigter kollektiver und regionaler Stolz eben auch sehr konkret in ökonomischen Daten niederschlägt, ist Sachsen doch das erste Bundesland überhaupt, das schon 2007 keine neuen Staatsschulden mehr macht.

Wieder ist an die alte, leider vergessene Erkenntnis zu erinnern, daß die Union nur dann Erfolg hat, wenn sie die Trias ihrer "Marschsäulen" glaubhaft und offensiv vertritt: die christlichsoziale, die nationalliberale und die patriotische. Sie würde heute nicht als 30-Prozent-Partei und mit jährlich Tausenden von Parteiaustritten dahindümpeln, wenn sie diese Erkenntnis nicht preisgegeben hätte zugunsten einer atemberaubenden Grundsatzlosigkeit.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Hohenheim.


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