© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/06 15. Dezember 2006

Frisch gepresst

Rußland. Vor zwei Jahren fragte der Moskauer Focus-Korrespondent Boris Reitschuster in seiner Putin-Biographie (JF 13/04) schüchtern: "Wohin steuert Rußland"? Vielleicht wird Reitschuster das damals noch in den Ohren klingende Bekenntnis von Ex-Kanzler Schröder, sein "Männerfreund" sei ein "lupenreiner Demokrat", dazu bewogen haben, eine gewisse Zurückhaltung im Urteil an den Tag zu legen. Mit dieser hat er im neuesten Buch längst gebrochen. Nun sagt er, daß "Putins Demokratur" eine "autoritäre Diktatur im westlichen Gewande" ist. Und gewichtet man seine Eindrücke über Rußlands korrupte Industrie samt der großen Gas- und Ölfirmen, einen Personenkult um den Präsidenten, der so recht zur Wiederanknüpfung an die glorreiche Sowjetgeschichte samt Stalin passen will, die Dedowtschina genannten Prügelorgien in der verwahrlosten Wehrpflichtarmee und eine heraufziehende "faschistische Gefahr" ähnlich schwer, wie es der Wahl-Moskauer Reitschuster tut, ist Rußland von der "gelenkten Demokratie" auf dem allerbesten Wege, als machtvoller Hort der Finsternis bald in die weltberühmte "Achse des Bösen" aufgenommen zu werden (Putins Demokratur. Wie der Kreml den Westen das Fürchten lehrt. Econ Verlag, Berlin 2006, gebunden, 332 Seiten, 19,95 Euro)

USA. Bevor er die Nachfolge des ewig-blinzelnden Alt-68ers Ulrich Wickert in der ARD-Tagesthemen-Redaktion übernommen hatte, arbeitete Tom Buhrow als Korrespondent zwölf Jahre "in den Staaten". Zusammen mit seiner Frau Sabine Stamer hat er nun aus dieser Zeit seine Impressionen aus "God's own country" wiedergegeben. Im Gegensatz zu Reitschusters Rußland herrschen in Buhrows Welt die warmen Töne vor. Gefällig plaudert das Ehepaar von den Alltäglichkeiten und Skurrilitäten, die einem in den USA so begegnen. Vieles überrascht wenig, da man es selbst in Übersee erlebte oder von Dritten geschildert bekam. So reitet Buhrow beinahe jedem vertraute Allgemeinplätze wie Gewaltkriminalität, Fettleibigkeit, Prüderie ab, tatsächlich wissend, daß es unmöglich ist, die Kontrastreiche Amerikas mit Klischees zu bestätigen oder zu widerlegen. Den Leser erwartet dennoch eine insgesamt nicht langweilige Lektüre, ähnlich dem angenehmen Effekt, der einem vom McDonald's-Besuch vertraut ist - man muß nicht allzu viele Energien aufbieten, um sich für Überraschendes zu wappnen (Mein Amerika, Dein Amerika, Rowohlt Verlag, Reinbek 2006, gebunden, 287 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro).

Hohenzollern. In einer 18., überarbeiteten und erweiterten Auflage hat Louis Ferdinand Freiherr von Massenbach seines Vaters Werk von 1952, "Hohenzollern einst und jetzt" (Verlag Tradition und Leben, Bonn 2006, broschiert, 133 Seiten, 8 Euro), eine biographische und genealogische Skizze des preußisch-deutschen Herrschergeschlechts von den Anfängen bis in die Gegenwart, nun fortgeführt. Für alle Preußen-Anhänger ist dieses übersichtliche, bebilderte Brevier natürlich ein Muß.


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