© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/07 5. Januar 2007

"Böswillige Haarspalterei"
Baden-Württemberg: Ein JF-Leser klagt gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Stephan Braun / Name und Anschrift im Internet veröffentlicht
Anni Mursula

Am 21. Dezember wurde vor der Zivilkammer des Landgerichts Göttingen eine Unterlassungsklage eines Lesers der JUNGEN FREIHEIT gegen den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Stephan Braun (SPD) verhandelt. Vergangenen Juni hatte Braun mit seiner Fraktion in einem Parlamentsantrag gefordert, die JF wieder in den baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht aufzunehmen. Obwohl der Parlamentsantrag schließlich scheiterte, löste er laut Braun eine "Flut von Anrufen, Briefen und E-Mails mit Protestnoten" zahlreicher Leser der JF aus. Anstatt sich über den Protest Gedanken zu machen, sammelte Braun Informationen über diejenigen, die gegen seinen Parlamentsantrag demonstrierten. Schließlich veröffentlichte er die Namen und Wohnorte der Leser sogar auf seiner Internetseite (JF 48/06).

Verletzung des Persönlichkeitsrechtes

Die JF beschwerte sich schriftlich sowohl bei Braun als auch beim baden-württembergischen Landtagspräsidenten Peter Straub (CDU) und forderte beide zur Entfernung der Liste von der Internetseite auf. Auch juristische Schritte wurden geprüft, aber der Zeitung wurde von einer Klage abgeraten. Schließlich genießt Braun als Landtagsabgeordneter Immunität. Überdies gibt es kein allgemeines Verbot (Unterlassungsanspruch) gegen das Publizieren von Namen. Dafür muß das Persönlichkeitsrecht der Person beeinträchtigt sein.

Und genau hier setzte JF-Leser Peter K. mit seiner Unterlassungsklage an. Braun hatte auf seiner Netzseite behauptet, daß Peter K. nicht nur ein Leserbriefschreiber, sondern ebenfalls Autor der JF sei. Peter K. war aber nie als Autor für die JF tätig.

Für eine Klage vor Gericht reicht eine solche falsche Behauptung jedoch nicht: Ein Unterlassungsanspruch gilt nur, wenn eine falsche Behauptung zusätzlich ehrenrührig ist. Als einzige Möglichkeit, rechtlich gegen Stephan Braun vorzugehen, blieb somit nur, die fälschliche Bezeichnung "JF-Autor" als ehrenrührig beziehungsweise rufschädigend anzumahnen.

Stephan Braun kam zu der Verhandlung am 21. Dezember in Göttingen persönlich mit seinem Anwalt - was als ungewöhnlich betrachtet werden kann. Die vorsitzende Richterin der Zivilkammer gab jedoch der von Peter K. beantragten einstweiligen Verfügung nicht statt, da sie Zweifel an der eidesstattlichen Erklärung von JF-Chefredakteur Dieter Stein hatte. Stein versicherte darin, daß der betroffene Leser nie als Autor für die JF tätig war. Doch ein Zufall verkomplizierte den Sachverhalt: Vor etwa sechs Jahren gab es einen Autor mit demselben Namen, der für die JF zwei Artikel schrieb. Die Kammer hielt Steins eidesstattliche Erklärung schließlich aus formalen Gründen für unzulänglich.

Der Rechtsanwalt von Peter K., Klaus Kunze, bezeichnete diese Entscheidung als "böswillige Haarspalterei". Normalerweise reiche eine eidesstattliche Erklärung, wie sie Dieter Stein geleistet habe, vor Gericht vollkommen aus. Nun will Peter K. die Entscheidung des Landgerichts anfechten und die Unterlassung in zweiter Instanz durchsetzen.


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