© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/07 5. Januar 2007

Abschiebung als Weihnachtsgeschenk
Österreich: David Irving obsiegt in der Berufungsverhandlung um einen Vortrag von 1989 / Absolutes Aufenthaltsverbot für Österreich
Ronald Gläser

Die Berufungsverhandlung vor dem Wiener Oberlandesgericht war für David Irving ein großer Erfolg. Nach dem erstinstanzlichen Prozeß im Februar, der ihm drei Jahre Haft eingebracht hatte und bei dem ihm auch eine Entschuldigung nichts genützt hatte, ist jetzt am 21. Dezember sozusagen als Weihnachtsgeschenk die Abschiebung erfolgt. Seinen damaligen Anwalt Elmar Kresbach nennt Irving mittlerweile einen "inkompetenten Clown".

Intellektuelle sprachen sich für Irvings Freilassung aus

Seine Freilassung verdankt Irving nicht zuletzt seinem jetzigen Anwalt Herbert Schaller. Der forderte in seinem frei gehaltenen Plädoyer die sofortige Freilassung des "bekannten Historikers und erfolgreichen Schriftstellers". Irving habe seinerzeit in einem Rechtsirrtum gehandelt, da er nicht wissen konnte, daß sein Vortrag nach österreichischem Gesetz strafbar war. Auch habe der Ausländer und Nichtjurist Irving über Schaller im September 1989 nachfragen lassen, ob er seine Rede unter Bezugnahme auf den "Leuchter-Report", der die Existenz von Gaskammern im Konzentrationslager Auschwitz in Frage stellt, halten dürfe. Das Innenministerium habe damals signalisiert, daß er das dürfe.

Darüber hinaus beklagt Anwalt Schaller, daß nie "die Hitler-kritischen Teile" von Irvings Rede zitiert würden. Dann aber wüßte jeder, daß man Irving nicht vorwerfen könne, das Dritte Reich verharmlosen oder gar reinwaschen zu wollen. Und schließlich forderten heute Intellektuelle in halb Europa Irvings Freilassung, darunter der Verfasser des Standardwerks zur Holocaust-Forschung, Raul Hilberg, und der Soziologe Ralf Dahrendorf. Anwalt Schaller: "David Irving hat alles getan, was er tun muß, wenn er einen so sensiblen Vortrag halten will."

Zuletzt ging Schaller auch auf die Rechtsgrundlage des Verfahrens ein, das sogenannte "Wiederbetätigungsgesetz". Zu Richter Ernest Maurer gewendet, forderte er: "Zeigen Sie, daß Österreich kein Land ist, in dem 17 Jahre nach einer gewaltfreien Äußerung noch unmenschlich lange Strafen dafür verhängt werden." Irving schloß sich den Forderungen seines Verteidigers an. Auf weitere Einlassungen verzichtete er.

Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Unterdessen gibt sich Irving im Gerichtssaal siegesgewiß. Erst hinterher gesteht er seine Angst: "Ich dachte schon, sie würden meine Strafe auf fünf Jahre hochsetzen."

Unter den 15 Personen, die im Gerichtssaal anwesend sind, identifiziert er nur seine Freundin Reká in der letzten Reihe. Der Gefangene steht auf, beugt sich zu der ungarischen Stewardeß. Sofort eilen Justizangestellte herbei. "Only shaking hands", versichert ihnen der Brite. Nur Händeschütteln. Sie lassen ihn gewähren - gerade so.

Irving tauscht sich mit seiner Freundin aus. "Ich konnte nichts verstehen, weil alles auf deutsch war", klagt sie auf englisch. Er lacht. Fragt nur, ob sie auch warm angezogen ist. "Ich liebe seinen Humor", bekennt Reká später.

Alle weiteren Gespräche werden vom Justizpersonal unterbunden. Fühlen Sie sich fair behandelt? "Ja, die Beamten sind sehr nett ...", kann er noch antworten, dann versperrt ihm ein Aufpasser den Blick und verbietet ihm Gespräche. Zudem erhält er von seinem Anwalt noch den Rat, besser "keine Interviews" zu geben.

Das Gericht betritt wieder den Saal. Dem Briten werden zwei Jahre seiner Haftzeit erlassen. Damit könnte er gehen. Tut er aber nicht. Da sind schließlich noch die 3.000 Seiten Papier, die er beschrieben hat, seine Biographie, wie es heißt. Einen Computer hatte er nicht in seiner Zelle.

Nicht gleich zu gehen, erweist sich als Fehler. In der Haftanstalt wird Irving das freie Geleit verwehrt. Er kommt in Abschiebehaft. Jetzt muß er ausharren und auf die Entlassung warten. In den 400 Tagen Gefängnis ist er um Jahre gealtert, da kommt es auf ein paar Stunden nicht mehr an. Nur seine Freundin Reká wartet vergeblich den ganzen Tag vor den verschlossenen Türen der Justizvollzugsanstalt in Wien. Einen Tag später erst schieben die österreichischen Behörden den Briten in sein Heimatland ab und verhängen ein absolutes Aufenthaltsverbot für Österreich.

Abschiebung und Aufenthaltsverbot

In London angekommen, gibt Irving sofort eine Pressekonferenz. Gegenüber der BBC erklärte er über seine umstrittene Rede von vor siebzehn Jahren: "Ich bereue nichts. In 400 Tagen Gefängnis habe ich mir das Recht erworben, keine Reue mehr zeigen zu müssen." Und weiter: "Im Gericht war ich gezwungen dazu, Reue zu zeigen. Sonst wäre meine Strafe verdreifacht worden." Im britischen Rundfunk wurde ein ausführliches Interview mit Irving gesendet, in dem er einmal mehr seine Auffassungen über Auschwitz darlegt. "Keine Interviews" - diese Devise gilt in London nicht mehr.


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