© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/07 19. Januar 2007

Fern jeglicher Aufgeregtheit
Nachruf: Der renommierte konservative Journalist Friedrich Karl Fromme, langjähriger FAZ-Redakteur und später auch JF-Autor, ist gestorben
Klaus Peter Krause

Man sieht ihn noch vor sich: mit dem ironischen Zucken, das über seine Gesichtszüge glitt, mit dem belustigten, aber milden Spott in seinen Augen, mit seiner Skepsis und Distanzierung in Haltung und Äußerung - der Journalist Friedrich Karl Fromme. Jetzt gibt es ihn nur noch in der Erinnerung, denn am Sonntag ist er im Alter von 76 Jahren gestorben.

Die längste Zeit seines beruflichen Lebens hat Fromme achtbar und geachtet bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gearbeitet. Im Sommer 1964 war er dort in die Politische Redaktion eingetreten. 1968 ging er als Politischer Korrespondent in die Hauptstadtredaktion nach Bonn, kehrte 1972 in die Frankfurter Zentrale zurück und übernahm 1974 die Leitung des Ressorts Innenpolitik und Koordination, bis ihn 1997 das Ruhestandsalter ereilte und er - mit dieser Regel hadernd - diese Wirkungsstätte verlassen mußte und sich nach Mettmann als seinem Alterssitz zurückzog.

Die Fülle und Breite dessen, worüber Fromme in seiner FAZ-Zeit geschrieben hat, ist beeindruckend, ebenso seine Sachkunde, seine Sorgfalt, seine sprachliche Ausdrucksfähigkeit und, wie sich auch in seinen Reportagen zeigte, seine Beobachtungsgabe. Schwerpunkt seiner Arbeit war die Rechtspolitik. Hier hat er sich mit seinen Beiträgen zum Staats-, Verfassungs- und Öffentlichen Recht einen besonderen Namen gemacht. Er tat dies alles klug und abgewogen, fern jeglicher Aufgeregtheit und mit einem bewundernswerten Gedächtnis selbst für Einzelheiten und Dinge, die weit zurücklagen. Eben darum hatte er aber schwer damit zu tun, die Fülle der Gedanken, die ihn beim Schreiben überfielen, und den Hang zur Vollständigkeit so zu bändigen, daß die für den Beitrag vorgegebene Länge nicht unmäßig überschritten wurde - wobei ihm aber, wenn denn doch noch etwas zu kürzen war, auch hilfreiche Kollegen zur Seite standen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für seine journalistische Arbeit legte Fromme mit seinem Studium der Politikwissenschaft, des Öffentlichen Rechts und der Soziologie 1951 an der Universität Tübingen, allerdings mit häufigen Unterbrechungen durch Werkarbeit, um das Studium zu finanzieren. Bei dem durch Persönlichkeit und Kundigkeit beeindruckenden Theodor Eschenburg hat er 1958 seine Promotion absolviert und war in den vier Folgejahren Assistent an dessen Seminar für Wissenschaftliche Politik mit dem Ziel, sich zu habilitieren.

Augenzeuge der Zerstörung Dresdens

Schon in dieser Zeit begann er nebenbei und gelegentlich mit journalistischen Beiträgen für den Süddeutschen Rundfunk und die Stuttgarter Zeitung zu arbeiten. Das trug ihm 1962 von diesem Rundfunk das Angebot ein, in dessen Politische Redaktion einzutreten. Er nahm es wahr und gab, abgeschreckt von der sich abzeichnenden Massen-Universität, die Fortführung der Habilitation auf, war aber weiterhin in Tübingen Lehrbeauftragter für Politik. Im Rundfunk übernahm er die Redaktion der aktuellen politischen Kommentarsendungen - bis er zwei Jahre später zur FAZ wechselte, dort seine Lebensaufgabe fand und sich einen Namen machte.

Geboren wurde Fromme am 10. Juni 1930 in Dresden. Beide Eltern waren Ärzte, der Vater ein berühmter Professor für Chirurgie. Im Krieg hat Fromme das Zerbomben der Frauenkirche und des übrigen Dresden erlebt und hat es überlebt, als er mit den Eltern und seinen beiden Schwestern selbst ausgebombt wurde. Von seiner elterlichen Villa konnte er die Frauenkirche in zwanzig Minuten zu Fuß erreichen. Erschüttert hatte er damals als Junge vor den Ruinen der Baudenkmäler gestanden, hatte die Leichenberge gesehen.

Bis 1949 ist er in Dresden noch zur Schule gegangen, machte am humanistischen Vitzthum-Gymnasium sein Abitur, floh dann in den Westen, studierte in West-Berlin anfangs Physik und Chemie, bis er nach Tübingen übersiedelte. Dresden ist für ihn immer Heimat geblieben, über Dresden hat er manchen Beitrag geschrieben.

Um so mehr hat es ihn verbittert, daß auch seiner Familie und ihm von der DDR Unrecht angetan worden ist und daß es der seit 1990 gesamtdeutsche Staat nicht bereinigen wollte, obwohl er es hätte müssen und können. Doch er selbst hat selten darüber gesprochen; andere mit persönlichen Verletztheiten und Empörungen zu behelligen, widersprach seinem Naturell, war ihm unangenehm. Was ihn an diesem Unrecht bewegte, brachte er in allgemeiner Form zu Papier, so zum Beispiel in seinem Beitrag "Vergessene Fakten", erschienen 1999 in der Monatsschrift Die politische Meinung (Heft 357).

Ein Interview mit ihm 2004 in der JUNGEN FREIHEIT stellte ihn als konservativen Journalisten vor. Obwohl anders gemeint, traf es auch auf sein Verhältnis zur Technik zu. Wenn Fromme geschrieben hat, dann stets und bis zuletzt auf seiner alten mechanischen Schreibmaschine, auch dann noch, als in der FAZ und anderen Zeitungshäusern längst das elektronische Zeitalter angebrochen war - so auch in seiner Ruhestandszeit seine Beiträge für die JUNGE FREIHEIT.

Könnte er die Nachrufe auf ihn lesen, würde er zu ihnen - darauf angesprochen - Bemerkungen mit feiner Ironie finden, die bemänteln soll, daß sie sein Gefallen, jedenfalls nicht sein Mißfallen finden.

Friedrich Karl Fromme: Ein bewundernswertes Gedächtnis selbst für Einzelheiten


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen