© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/07 26. Januar 2007

Alte Horchs sind doch die besseren Autos
Neue Oldtimer-Gesetze in Castros Havanna und in Berlin: Wo sitzen die schlimmeren Gleichmacher?
Richard Stoltz

Das Bundesverkehrsministerium will ab dem 1. März 2007 die Zulassung von Oldtimer-Autos mit roten Kennzeichen, die mit der Ziffernkombination 07 beginnen, deutlich erschweren. Das Vorhaben ist absurd. Denn die meisten Oldtimer sind dank der liebevollen Pflege, die ihnen zuteil wird, viel intakter als die aktuellen Durchschnittskarossen und den modernen Vorschriften durchaus gewachsen. Den alten Horch oder Adler möchte man sehen, der nicht im Berliner Stadtverkehr 2007 mithalten könnte.

Im Kuba Fidel Castros sind infolge anhaltender Mangelwirtschaft noch unzählige Oldtimer unterwegs, meistens farbenfrohe amerikanische Chevrolets, Fords oder Packards aus den vierziger und fünfziger Jahren, aber auch einige wenige Schmuckstücke aus deutschen Landen (Volkswagen Karmann-Ghia, BMW Isetta). Sie werden von ihren Besitzern tiptop in Schuß gehalten und sind eine wahre Augenweide. Neue Autos sehen ja faktisch alle gleich aus (gleich langweilig), während jeder der Oldies eine unverkennbare Individualität hat, was an sich überhaupt nicht in kommunistische Gleichmacherverhältnisse hineinpaßt.

So hat auch die Castro-Regierung inzwischen ein spezifisches Oldtimer-Gesetz erlassen. Anlaß waren reiche ausländische Sammler, die schon seit langem äußerst gierig auf den kubanischen Oldtimerbestand sind und den Besitzern höchste Summen oder gleich einen funkelnagelneuen Wagen aus der laufenden Produktion anbieten, um an die alten Stücke heranzukommen.

Doch was tut Castro? An sich, sollte man meinen, käme ihm die Sammlergier höchst gelegen, er könnte mit ihrer Hilfe den Wagenbestand des Landes stillschweigend modernisieren und damit auswärtigen Besuchern demonstrieren, daß man technisch durchaus auf dem neuesten Stand ist. Aber genau das Gegenteil geschieht. Das neue Gesetz verbietet den Oldtimerverkauf an auswärtige Sammler kurzweg, da die munter herumfahrenden Packards & Co. ein "Kulurerbe" und eine große Attraktion seien.

Darauf muß man erstmal kommen. Die Frage tut sich auf: Wo sitzen die schlimmeren Gleichmacher, in Havanna oder in Berlin?


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