© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/07 26. Januar 2007

Meldungen

"Goltz Pascha" und der Armenier-Genozid

Bremen. Ein wahrhaftes "Tätervolk" wie die Deutschen darf nicht mit nur einer singulären Tat belastet werden. Darum muß die "Täter"-Ideologie unentwegt nach neuen Untaten Ausschau halten. Nach jüngsten "Enthüllungen" über vermeintliche "Völkermorde" und "Vernichtungskriege" in den deutschen Kolonien ist es besonders medienwirksam, über den Anteil kaiserlicher Diplomaten und Militärs am Armenier-Genozid zu spekulieren. Einmal mehr tut sich damit Carl Alexander Krethlow hervor, der sich dem obersten deutschen Militärberater des osmanischen Reiches, Generalfeldmarschall Colmar Freiherr von der Goltz (1843-1916), zuwendet (Sozial.Geschichte, 3/06). Da er "Goltz Pascha" keine "Vernichtungsbefehle" nachweisen kann, muß Krethlow sich freilich auf ein aus ähnlichen Anklageschriften schon bekanntes, maues "Tun durch Unterlassen" beschränken. Goltz habe von den im Frühjahr 1915 einsetzenden türkischen Massenmorden an den Armeniern gewußt, aber mit Rücksicht auf den Bündnispartner des Reiches nichts zur Verhinderung der Massaker unternommen. Krethlows Quellen belegen indes, daß die Türken alles unternahmen, um Goltz das wahre Ausmaß des Völkermordes zu verschleiern, und daß der Feldmarschall sich für deportierte Armenier einsetzte. In Krethlows Deutung sei es Goltz dabei aber nicht um die "menschlichen Aspekte" der Armenierfrage gegangen, sondern um "Erweiterung seiner Kompetenzen" gegenüber den Türken.

 

Vom "Eisernen" zum Grünen Vorhang

BERLIN. Der "Eiserne Vorhang", vom Schwarzen Meer zur Barentsee etwa 8.500 Kilometer messend, ist heute "entfestigt" und nur an der russisch-finnischen Grenze noch als solcher erkennbar. Was in Mitteleuropa von den Wachtürmen und Zäunen übriggeblieben ist, gleicht einer Kette eng benachbarter grüner Inseln, da sich die "Kalten Krieger" in Ost- und West als unfreiwillige Naturschützer erwiesen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) möchte nun aus dem Eisernen einen Grünen Vorhang machen und würde am liebsten die gesamte einstige Nahtlinie zwischen den Blöcken als Reservat gestalten. In seiner jüngsten Spendenaktion beschränkt er sich jedoch vorerst auf ein Modellprojekt im Raum Oberfranken-Böhmen. Dort haben sich bis 1989 nicht nur Fuchs und Igel gute Nacht gesagt, sondern hier fühlten sich seltene Tiere wie der Fischotter wohl. Seitdem ist die Otterpopulation durch zunehmenden Straßenverkehr und Landschaftsverbrauch gefährdet. Um den Zusammenhang mit den tschechischen Otterbeständen zu wahren, möchte der BUND in Kooperation mit tschechischen Behörden ein grenzübergreifendes System von Schutzmaßnahmen initiieren.

 

Traditionsreiche Zeitschrift eingestellt

WIEN. Die Zeitschrift für Ganzheitsforschung hat mit Abschluß ihres 50. Jahrgangs 2006 ihr Erscheinen eingestellt. Wie es im Vorwort der soeben ausgelieferten Nummer IV/2006 heißt, hätten organisatorische wie finanzielle Gründe zu dieser Entscheidung geführt. Die Zeitschrift für Ganzheitsforschung wurde 1957 von Walter Heinrich, einem Schüler des Wiener Nationalökonomen und Philosophen Othmar Spann, begründet. Ihr Schwerpunkt lag in der Reflexion und Fortführung eines ganzheitlichen Denkansatzes nach dem Vorbild Othmar Spanns und des Freiburger Philosophen Leopold Ziegler. Spann und Ziegler waren zugleich die profiliertesten universalistischen Denker innerhalb der Konservativen Revolution.

 

Erste Sätze

Das erzähle ich meinem Zahnarzt.

Günter Grass: Örtlich betäubt. Roman, Neuwied und Berlin, 1969


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