© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

UMWELT
Die Plünderung der Thunfischbestände
Volker Kempf

Ende Januar ging im japanischen Kobe eine Konferenz von 60 Fischereistaaten zum Schutz der Thunfischbestände zu Ende. Die Schlagzeilen reichen von "Aktionsplan zum Thunfischschutz" (L'Alsace) bis "Die Plünderung geht weiter" (Umweltjournal). Richtig ist beides. Denn ein beschlossener Aktionsplan zur Verschärfung von Kontrollen des Thunfischhandels, zur Dokumentation von Verstößen gegen Fangverbote und zur Etikettierung von Thunfischprodukten ändert nichts an der Überfischung der Bestände. Nach einer WWF-Studie müßten die Fangmengen sofort um ein Drittel reduziert werden, damit sich die Bestände erholen. Doch 2006 wurde die Fanquote für Blauflossenthunfisch im Mittelmeer nur von 32.000 auf 29.500 Tonnen reduziert. Ähnlich wie dort sind auch im Indischen Ozean die Thunfischbestände um 90 Prozent geschrumpft.

Der jährliche Thunfischfang hat sich in den letzten 50 Jahren auf über vier Millionen Tonnen verzehnfacht. Vom Plünderungskurs kommt die internationale Staatengemeinschaft auch nach dem Kobe-Treffen nicht ab. Die weltweit zunehmende Popularität der japanischen Küche gibt dem Thunfisch den Rest. Bemühungen zum Thunfischschutz gleichen damit denjenigen des Klimaschutzes, weil hier wie da eine Verbesserung der Situation zwar angestrebt, aber in absoluten Zahlen gemessen alles immer schlimmer wird. Hier steigen die weltweiten Treibhausgase, dort schrumpfen die Fischbestände. Zu fragen wäre nur noch, ob eine "Karawane der Blinden weiterzieht" (Herbert Gruhl) oder sich vielmehr sehenden Auges in den Abgrund stürzt. Beides dürfte zutreffen, denn einerseits wird das Problem gesehen, andererseits macht der Selbstbetrug auch wieder blind.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen