© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Starthilfe
Karl Heinzen

Independent Diplomat" heißt eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York, die jungen, staatsähnlichen Gebilden dabei hilft, mit den Vereinten Nationen ins Gespräch zu kommen, auch wenn es ihnen noch an einer völkerrechtlichen Anerkennung mangelt. Zu ihren aktuellen Mandanten zählen der in Deutschland aufgrund eines Einsatzes der Bundeswehr bekannt gewordene Kosovo sowie das sogenannte Somaliland, am Horn von Afrika gelegen und de iure eigentlich zu Somalia gehörend. Beiden fehlt es nicht bloß an Erfahrung auf dem internationalen Parkett. Das Somaliland ist mit Haushaltsmitteln zum Unterhalt eines diplomatischen Korps nicht reich gesegnet. Der Kosovo wiederum mag zwar dank seiner weitverzweigten Beziehungen in die europäische Unterwelt finanziell besser gestellt sein, dafür ist ihm aber bislang die Errichtung eines eigenen Außenministeriums untersagt.

Independent Diplomat hilft hier mit seiner Expertise und seinen Kontakten weiter. Bislang haben diese Aktivitäten zwar noch das Flair des uneigennützigen Engagements für die im Schatten stehenden Benachteiligten dieser Erde. Sollten sie aber von Erfolg gekrönt sein, könnte eine veritable Geschäftsidee daraus erwachsen. An Bestrebungen, zu den durch ihre Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen als solche zertifizierten 192 Staaten noch einige dazukommen zu lassen, mangelt es nämlich nicht. Es gibt kaum eine Weltregion, in der manchmal gleich mehrere Unabhängigkeitsbewegungen identifiziert werden könnten, die nichts lieber täten, als für das von ihnen reklamierte Fleckchen Erde auf der UN-Vollversammlung Platz zu nehmen und ein Schildchen vor sich aufzustellen. Es muß kein Schicksal sein, daß nur aus wenigen dieser Pläne wirklich etwas wird.

Vielleicht fehlt es ja tatsächlich vor allem an professionellen Helfern, die Starthilfe geben und den Weg bis zur internationalen Anerkennung mit Rat und Tat begleiten. Auf Antichambrieren in New York allein wird sich deren Service allerdings auf Dauer nicht beschränken können. Vom Erschließen von Finanzquellen bis hin zu militärischen Dienstleistungen ist ein breites Angebotsspektrum zu gewährleisten, aus dem sich die Kunden das Passende zusammenstellen. Einen Bedarf daran gibt es im übrigen nicht nur unter finanzschwachen Ethnien oder Religionsgemeinschaften. Auch manch potenten Großkonzernen und kriminellen Organisationen, die ansonsten ruhelos um den Globus hetzen, dürstet es wie einst den Piraten nach einem sicheren Hafen, der ihr eigen ist.


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