© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

"Abgelehnt wird zu selten"
Universität zum Schmunzeln
Peter Götz

Dieses sehr originelle Nachschlagewerk ist ein Gemeinschaftswerk der Arbeitsgruppe "Manieren!" der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. 69 Autoren aus unterschiedlichen wissenschaftsbezogenen Arbeitsbereichen plaudern amüsant, doch fachlich kompetent sozusagen aus dem akademischen Nähkästchen. Die Mehrzahl der Autoren sind in wissenschaftlichen Einrichtungen tätig, darunter eine ganze Reihe von Professoren wie Wolfgang Frühwald, früherer Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (zu der allerdings ein Artikel fehlt).

Daß auch Wissenschaftler höchst kurzweilig schreiben können, dabei wissen, um was es geht, und zur Selbstironie fähig sind, zeigt schon der erste Artikel. Entgegen seinem Untertitel beginnt das Lexikon nicht mit ABSCHREIBEN, sondern mit ABGELEHNT "... wird zu selten. Zu selten werden Manuskripte mangels Qualität abgelehnt. Da letztlich alles, was gedacht, gesagt, geschrieben worden ist, irgendwo abgedruckt wird, kann Qualität kein Unterscheidungsmerkmal sein. Selbst in den 'besten' (Fach-) Zeitschriften finden sich zuhauf schlechte, im besten Fall langweilige Artikel. Abgelehnt werden gerade auch sehr gute Manuskripte, einfach, weil die Richtung, der Tenor, der Stil, der approach nicht stimmen ..." (Rainer Maria Kiesow, PD, Dr., Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main).

Die Artikel mit meist typischen Themen aus dem Wissenschaftsbetrieb lassen einen nicht los von der schmunzelnden Lektüre, und es gibt selten Lexika, die auf so unterhaltsame Weise die Schwachstellen der hehren Wissenschaft wie auch den sogenannten Zeitgeist bloßstellen. Noch einige Kostproben gefällig? Die Auswahl fällt schwer: "ENGLISCH: Eine schöne, eine große Sprache - wenn man sie beherrscht. Nicht zu verwechseln mit GLOBALESISCH."

Oder: "HOMEPAGE. Die alten Zeiten waren nicht nur gut. Traf man früher Kollegen, wurden Visitenkarten ausgetauscht. Was konnte man auf so einer winzigen Karten vermitteln? Adresse, Telefonnummer, den Namen des prestigeprächtigen Instituts, und natürlich den 'Prof. Dr. Dr. h.c.' ... Die Homepage eröffnet neue, nahezu paradiesische Möglichkeiten, die zunehmend ausgereizt werden. Neben den oben genannten obligatorischen Informationen gehören auf die Homepage mindestens: der CV, die Publikationsliste, Mitgliedschaften ... besuchte und ausgerichtete Tagungen, gehaltene und verschlafene Vorträge ..." (Bettina Beer, Prof. Dr., Institut für Ethnologie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg).

Der Platzmangel einer Rezension verbietet noch weitere köstliche Zitate - also: kaufen, selber lesen, höchst vergnügliche Lesestunden garantiert!

Der Campus-Knigge. Von Abschreiben bis Zweitgutachten. Herausgegeben von Milos Vec, Bettina Beer und anderen. C. H. Beck, München 2006, gebunden, 240 Seiten, 16,90 Euro.


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