© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/07 09. Februar 2007

Frisch gepresst

Familienpolitik. Wer die familienpolitischen Entwürfe und Ideologien einer Ursula von der Leyen etwas genauer studieren möchte, sollte sich den im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) von Christine Henry-Huthmacher herausgegebenen Sammelband "Politik für Familien. Wege in eine kinderfreundliche Gesellschaft" (Herder Verlag, Freiburg 2006, 227 Seiten, broschiert, 13 Euro) zu Gemüte führen. Hierin beschreiben die externen Berater der Ministerin, darunter der Soziologe Hans Bertram von der Humboldt-Universität Berlin und der in Bozen lehrende Erziehungswissenschaftler Wassilios Fthenakis (früher Staatsinstitut für Frühpädagogik in München), ihre linksliberal gefärbten Vorstellungen "moderner" Familienpolitik inklusive Angriff auf die "rückständige" Alleinverdienerehe und dem Postulat für sozialistisch anmutende Modelle der Kindererziehung. Insofern konnten sowohl Fthenakis als auch Bertram ihre Beraterfunktion bei von der Leyens SPD-Vorgängerin Renate Schmidt hier ideologisch bruchlos fortsetzen. Natürlich bedienen sie sich auf der Plattform der KAS einer bis ins Unerträgliche gesteigerten Politik-Phraseologie, was den konservativen Relikten innerhalb der Union wohl eine ähnliche Mimikry vortäuschen soll, wie es der CDU-Wählerschaft die sieben Kinder der Ministerin tun.

 

Unter Diktaturen. Der bis 1998 an der Universität Marburg lehrende Chemiker Hans Günter Aurich bedient sich des literarischen Formats eines Romans, um seine Erfahrungen mit den von ihm miterlebten zwei totalitären Systemen aufzuarbeiten und mitzuteilen. 1932 im thüringischen Meuselwitz geboren, wächst sein etwa gleichaltriges Alter ego Wolfgang Hartwig als ebenso verführter wie überzeugter Jungnationalsozialist auf, für den 1945 praktisch die Welt stillsteht. Durch die Liebe zu Theater und Literatur in der Nachkriegszeit entdeckt der Adoleszente Zugang zu den Idealen von Aufklärung und Humanismus, was ihm in der sich gerade etablierenden zweiten Diktatur diesmal schneller die Augen öffnet und ihn aktiv zum Widerstand treten läßt. Er wird verhaftet und zur Zwangarbeit in Sibirien verurteilt. Anders als Aurich, der 1955 im Zuge der Moskauer Adenauer-Initiative freikommt, überlebt Hartwig die Gulag-Tortur nicht (Und der Morgen leuchtet in der Ferne. Lehrjahre unter zwei totalitären Regimen. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2007, 249 Seiten, broschiert, 14,80 Euro).


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