© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/07 16. Februar 2007

Überraschungsangriff
von Günther Deschner

Mit seinem Überraschungsangriff auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Wladimir Putin der dort versammelten transatlantischen "Community" eine Nuß zu knacken gegeben. So kalt und scharf hat lange kein Kremlchef mehr gesprochen. Putin warf den USA das Streben nach "monopolarer Weltherrschaft", "militärisches Abenteurertum" und "international ausufernde Gewalt" vor - und die Ausdehnung der Nato bis an die Haustür Rußlands und die Installierung eines Raketenabwehrsystems in seinem Vorgarten.

Putin hat mit seiner Rede auf den Tisch gehauen und die Tatsachen so geschildert, wie nicht nur Russen, sondern auch EU-Politiker und selbst Nato-Militärs sie sehen: Die gefährliche Fixierung der US-Politik auf militärische Mittel. Die Alleingänge. Das durch die Irak-Invasion ausgelöste Desaster in Mittelost. Die Kriegsdrohungen wie seit Jahren gegen Iran und Syrien. Der ignorante Verzicht auf diplomatische Optionen. Die selbstgefällige Einteilung der Welt in Gut und Böse. Die Doktrin zur Rechtfertigung eines atomaren Erstschlags. Und natürlich der hegemoniale Entwurf Washingtons, wie er im "Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert" formuliert worden ist. Die darin enthaltene Projektion, potentielle Konkurrenten auch mittels Angriffskriegen niederzuhalten.

Nicht nur Regionalmächte wie der Iran sehen sich als potentielle Opfer. Auch Rußland sieht sich im Zangengriff. Genau das hat Putin in München mitgeteilt.


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