© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/07 16. Februar 2007

Kolumne
Die Partei, die Partei, die Partei!
Herbert Ammon

Daß Friedrich Merz in Angela Merkel seine Meisterin gefunden hat, ist evident. Da derzeit eine Hauptrolle auf der politischen Bühne nicht zu gewinnen ist, widmet er sich dem ertragreichen Beruf in der Wirtschaftskanzlei. Bürgerliche Existenz bedarf der Diskretion und Ruhe. Nur die Medien sind in Aufregung über des noch jungen Heros' Rückzug ins Sauerland: Wann kehrt er auf den Kampfplatz zurück, an der Spitze einer neuen Partei - bürgerlich, liberal und, Gott bewahre, "national"?

Viel Lärm um nichts. Vermutlich haben Auguren recht, die mutmaßen, des Heros' Groll sei nur kalkuliert. Er zähle kühl die Tage, bis der Mutter der Großen Koalition das ewige Lächeln übers Familienglück vergeht und das Regiment an eine noch gender-gerechtere Chefin einer rot-rot-grünen Patchwork-Familie abgeben muß. Dann kehrt Friedrich zurück, als Wüterich und Nothelfer zugleich.

Gewiß, in der Politik und in der Liebe ist alles möglich. Aber mit einer neuen Partei, "rechts" von der CDU, wird's wohl nichts. Welche Basis, welcher Überbau käme für die projektive Merz-Partei in Frage? Als Exponent des verpönten, global praktizierten Neoliberalismus könnte Merz beim Stimmenfang nur auf eine äußerst schmale Gruppe zurückgreifen. Ein Bürgertum als soziale Schicht ("Klasse") ist seit Jahrzehnten soziologisch nicht mehr definierbar, sowenig wie die "Arbeiterklasse" als Gegenüber. Seine politische Repräsentation findet das in Milieus diffundierte Post-Bürgertum in der Stammpartei FDP, in Teilen der CDU und bei den Grünen (Metzger). In dieser Ausfächerung liegt der Kern der Spekulation um die "Ampel".

Merz mag in Habitus und Rhetorik als Konservativer erscheinen, doch die letzten Konservativen können mit einem Liberalen, dem die soziale Ader fehlt, nichts anfangen. Als Nationalliberaler kann Merz nicht auftreten, weil das postbürgerliche Publikum, von den beati possidentes bis zur studierenden Jugend, sich nationaler Verantwortung entzieht, selbst wenn es Partyotismus betreibt. Mit Bekenntnissen zur deutschen, christlich geprägten Leitkultur zöge Merz das Geheul der Mediengesellschaft auf sich. Es bliebe nur die Kombination von kühlem Neoliberalismus und herzerwärmenden "populistischen" Parolen. Dafür ist sich Merz zu schade. Daß Bewegung in das erstarrte Parteiensystem kommt, wäre wünschenswert. Es scheint wenig realistisch. Wichtiger wäre eine aller Parteireferenzen und Parteipfründen ledige Assoziation freier Geister, die radikal fragt, wie dem Land noch zu helfen ist.

 

Herbert Ammon lebt als Historiker und Publizist in Berlin.


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