© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/07 02. März 2007

Zwischen allen Fronten
Familienpolitik: Der sächsische Kultusminister Flath kämpft gegen sozialistische Strukturen
Paul Leonhard

Ausgerechnet an Steffen Flath scheiden sich momentan die Geister. Mit seiner Kritik am geplanten Ausbau der Kinderbetreuung hat sich der Christdemokrat zwischen alle Fronten manövriert. Dabei ist der 50 Jahre alte Kultusminister und sächsische CDU-Vize jemand, der Gemüter beruhigt, integriert, der am ehesten die Aura der CDU als einer Volkspartei verkörpert: ein wenig auffallender, freundlicher, aber beharrlicher Erzgebirgler, der als grundehrlich gilt.

Als Generalsekretär der sächsischen Union unter Kurt Biedenkopf hatte Flath bis Ende 1999 vier Jahre lang bewiesen, daß er geschickt vermitteln und bedächtig im Hintergrund agieren kann. Der studierte Agrarwissenschaftler hat gelernt, wie er Schlachten schlagen muß – und daß sich eine Niederlage nicht negativ auf die Karriere ausüben muß, solange die Truppen motiviert hinter einem stehen. In seinem Fall sind das die Kreisverbände im Vogtland, Plauen und Annaberg, wo nicht nur fachliches Können eine wichtige Rolle spielt, sondern auch die tiefe Verwurzelung in der Heimat.

Der Erzgebirgler sorgt selten für Schlagzeilen

Flath wohnt seit 1979 in Annaberg-Buchholz, einem Ort, wo sich die Menschen gegenseitig in die Fenster schauen können und Fremde auffallen. Hier war der studierte Agrarwissenschaftler vor der Wende als Hauptdezernent bei der Getreidewirtschaft tätig. In der Freizeit werkelte er in der Hobbywerkstatt. Erst die politischen Veränderungen rissen das Mitglied der Block-CDU aus dem gewohnten Alltag. Flath war 1989 dabei, als in Annaberg-Buchholz das Neue Forum gegründet wurde. Ein Jahr später war er Hauptdezernent im Landratsamt Annaberg. Er wurde Kreisvorsitzender seiner Partei, Mitglied des Landesvorstandes und zog 1994 in den Landtag ein. Vor sechs Jahren wurde Flath vom damaligen Ministerpräsidenten Biedenkopf in den Ring geschickt.

Er sollte den Parteivorsitz vor dem gerade bei „König Kurt“ in Ungnade gefallenen und als Finanzminister entlassenen Georg Milbradt retten. Flath unterlag, blieb aber im späteren Kabinett Milbradt Minister für Umwelt und Landwirtschaft. Seit 2004 steht er dem Kultur-Ressort vor.

Eigentlich gilt der bekennende Katholik, der verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder ist, als jemand, der die Ruhe weg hat, der für Familie als Herzstück der CDU-Politik, Solidität und Besonnenheit steht. Ohne großes Aufsehen meisterte er schwierigste Probleme wie die Fusion von Landwirtschafts- und Umweltministerium, zeigte sich in der BSE-Krise hocheffektiv. Auch in seiner Zeit als Generalsekretär sorgte er lediglich einmal für Schlagzeilen – indem er einen Lohnzuschuß für Haushaltshilfen forderte. Wer eine solche Kraft einstellte, sollte direkte finanzielle Zuschüsse vom Staat bekommen: je mehr Kinder, desto mehr Geld.

Das war vor elf Jahren. Seitdem hat sich Flath mit eigenen Vorschlägen zurückgehalten. Daß er jetzt im Krippenstreit das Kind mit dem Bad ausschüttet, zeigt einerseits, wie sehr Flath die Kinderbetreuung am Herzen liegt, aber auch eine mitteldeutsche Sicht der Dinge. In den neuen Ländern gibt es genug Krippenplätze. Hier krankt es tatsächlich daran, daß zu viele Eltern die Verantwortung für ihre Kinder an den Staat delegieren.

Flaths Frust könnte aber auch eine andere Ursache haben: Der Christdemokrat hat es satt, daß mit dem Koalitionspartner SPD auf Bundes- und Landesebene zunehmend sozialistische Strukturen Einzug halten und im Freistaat unter Milbradt sogar eine einstige SED-Genossin zu Ministerwürden gelangt ist. Das nun aus Reihen der Bundesregierung angestimmte Loblied auf die DDR-Kindererziehung hat das Faß zum Überlaufen gebracht.


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