© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/07 16. März 2007

WIRTSCHAFT
Kein schöner Gedenktag
Klaus Peter Krause

Der 16. März 2006 war für den deutschen Steuerzahler kein guter Tag. Denn der Staat darf ihm seither über die Hälfte seines Einkommens als Steuer abnehmen. So entschied damals der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts. Es war der gleiche Senat, der 1995 diesen "Halbteilungsgrundsatz" aufgestellt hatte - nur mit dem Unterschied, daß ihm nicht mehr Paul Kirchhof angehörte. Auf ihn nämlich ging der Grundsatz im wesentlichen zurück. Damals hatte der Senat in einem Leitsatz zu einer Entscheidung über die Vermögensteuer befunden, diese Steuer dürfe nur dann noch erhoben werden, wenn die steuerliche Gesamtbelastung "in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt".

Seitdem wird Vermögensteuer nicht mehr erhoben, ohne aber förmlich abgeschafft zu sein. Auf den schönen Grundsatz von der Halbteilung glaubte der Kläger im Verfahren von 2006 pochen zu können - und verlor. Über zehn Jahre hat der Grundsatz Bestand gehabt, ohne freilich zuvor auf den Prüfstand gestellt worden zu sein. Doch gemessen daran, daß der Gesetzgeber am Steuerrecht immer unsteter herumhantiert, nötigt diese Stetigkeit fast schon Dankbarkeit ab. Für Kirchhof ist das Abrücken von seinem Grundsatz eine nachträgliche Niederlage, zumal seine Kollegen erklärten, bindende Wirkung habe der ohnehin nicht gehabt. Eine Niederlage ist sie aber vor allem für die Steuerzahler. Trost finden sie allenfalls darin, daß der Senat eine Grenze gleichwohl gezogen hat: Eine unverhältnismäßig hohe Belastung sei verboten, nicht erst eine, die erdrossele. Aber wo genau liegt diese Belastungsgrenze? Zusammen mit den indirekten Steuern und steuerähnlichen Sozialabgaben übersteigt die Belastung die Hälfte schon bei weitem.


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