© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/07 16. März 2007

Frisch gepresst

Fest. Es mag kein Zufall sein, daß den am 11. September 2006 verstorbenen Publizisten Joachim Fest eine enge Freundschaft mit dem Verleger Wolf Jobst Siedler verband - gelten beide doch als letzte klassische Vertreter der Bürgerlichkeit, welche heute allenfalls noch als ein reliktartiges Phänomen das zielgruppenorientierte Soziogramm der Bundesrepublik zu ergänzen scheint. So hat der Verlag eine gute Wahl getroffen, seinen Nachruf zwischen zwei Buchdeckeln mit "Bürgerlichkeit als Lebensform" zu titeln, obwohl Fests "Späte Essays" (Rowohlt Verlag, Reinbek 2007, 368 Seiten, gebunden, 19,90 Euro) dem Steckenpferd des Verstorbenen - nämlich der Analyse dieses eigenen Standes und seiner Verdienste und Verstrickungen im letzten Jahrhundert seines Bestehens - gewidmet sind. Natürlich muß diese Betrachtung um die schicksalhafte "Gespensterwelt" des Dritten Reiches kreisen, von der der Hitler-Biograph nie seinen Fokus abwenden konnte. Insofern bieten die gar nicht so "späten Essays" ein Surrogat Festscher Leidenschaften. Wen die Ankündigung darüber hinaus neugierig gemacht haben könnte, aus "bislang nicht in Buchform" vorliegenden "Seitenblicken auf Weggefährten und Zeitgenossen" etwas bemerkenswert Neues aufzuspüren, dürften die präsentierten Laudationes aus den letzten beiden Jahrzehnten allerdings kaum befriedigen.

Habermas. Ist die Rechtsttheorie von Jürgen Habermas positivistisch oder naturrechtlich, hat sie über das positive Recht hinaus ein moralisches Fundament? Diese bei Doktoranden häufiger anzutreffende Problemstellung hat auch den in Heidelberg vom Welt- und Menschenrechts-Maniac Winfried Brugger promovierten Chinesen Chung-cheng Huang zu einer genaueren Untersuchung inspiriert (Das Verhältnis von moralischem Diskurs und rechtlichem Diskurs bei Jürgen Habermas. Duncker&Humblot, Berlin 2007, 172 Seiten, broschiert, 68 Euro). Das Resultat: Im Zeitalter des "nachmetaphysischen Denkens" könne es ein metaphysisches Naturrecht, das die Bedürfnisse des auf universale Normen erpichten Habermas schnell befriedigt hätte, leider nicht mehr geben. Huang zeichnet nach, wie es Sankt Jürgen trotzdem gelungen ist, dem Positivismus auszuweichen und einen "stark normativen Rechtsbegriff" aus dem Hut zu zaubern. Der Verfasser billigt seinem Helden das Vollbringen des Kunststücks zu, die "Trennung von Naurrecht und Positivismus" zu überwinden.


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