© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/07 23. März 2007

Christoph Kardinal Schönborn
Der Dritte Weg
von Fabian Schmidt-Ahmad

Von Europa in seiner ganzen Schärfe kaum richtig erkannt, tobt schon seit einigen Jahren ein Kulturkampf in Amerika. Es geht um vieles, um das Verhältnis von Politik und Religion, das Selbstverständnis der Wissenschaften und die Rolle des Glaubens für den einzelnen Bürger. Vor allem geht es aber darum, welche Weltanschauung der nachwachsenden Generation in den Schulen vermittelt werden soll. Stellvertretend für diese Auseinandersetzung steht der Streit zwischen den sogenannten Kreationisten und Darwinisten (JF 3/06). Versuchen erstere nachzuweisen, daß der Natur ein "Intelligent Design", also ein Bewußtsein hinterlegt ist, so gehen letztere von einer reinen Naturgesetzlichkeit aus und werfen den Kreationisten vor, den Glauben in die Wissenschaften zu transponieren und sich dadurch zu diskreditieren.

Ein Argument, welches von dem Wiener Erzbischof und Vorsitzenden der österreichischen Bischofskonferenz Christoph Kardinal Schönborn in einem aufsehenerregenden Artikel in der New York Times im Sommer 2005 umgedreht wurde. Der Kardinal gilt als Konservativer. Geboren wurde er 1945 in Skalken bei Leitmeritz in Böhmen als Graf von Schönborn, Sproß eines der schillerndsten Adelsgeschlechter des Alten Reiches, das zahlreiche hohe Würdenträger der katholischen Kirche hervorbrachte.

In seinem Beitrag "Finding Design in Nature" kritisierte er den Darwinismus selbst als dogmatisch, da er vom Zufall als Glaubensbekenntnis ausgehe und keinen Raum für ein höheres Bewußtsein zuläßt. Zwar stellte Schönborn - anders als die meisten amerikanischen Kreationisten - die relative Berechtigung der Evolutionstheorie heraus, jedoch sah er in der Reduktion der Natur auf "Zufall und Notwendigkeit" ein "Abdanken der menschlichen Vernunft". So fand er die Kirche "in der seltsamen Position", ebenjene menschliche Vernunft gegen den Anspruch einer Wissenschaftstheorie zu verteidigen, die als Glaubenssatz keinen Geist zulassen will. Beachtenswert ist diese Position nicht zuletzt deswegen, da sie offensichtlich in enger Absprache mit Papst Benedikt XVI. verfaßt wurde, der übrigens zu Schönborns Studienzeiten dessen Dozent war.

Mit Spannung mußte daher Schönborns Buch "Ziel oder Zufall? Schöpfung und Evolution aus der Sicht eines vernünftigen Glaubens" erwartet werden, das am 20. März bei Herder erschienen ist. Wie wichtig es ist, einer Wissenschaft Impulse zu geben, die den Menschen sonst in seiner Geistigkeit nicht ernst nimmt, ist gerade in Amerika zu sehen. Hier wird letztere als bloßer unwissenschaftlicher "Glaube" ins Private abgedrängt. Dieser Glaube hat dann aber etwas für das Christentum sehr Wesentliches verloren: die Gewißheit um die höhere Natur des individuellen Menschen. Was schließlich zu dem atavistischen Zug amerikanischer Religiosität führt. Es ist daher zu hoffen, daß der Dominikaner Schönborn sich in die beste Tradition dieser Predigermönche einfügt: "Den Namen des Herrn Jesus Christus aller Welt zu verkündigen."


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