© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/07 30. März 2007

Die Symbiose religiöser Rituale
Wurzeln unserer Feste
Claus-M. Wolfschlag

Daß zahlreiche christlich apostrophierte Bräuche - beispielsweise die Aufstellung des lange verbotenen Tannenbaums oder das Aufhängen von Ostereiern - heidnischen Ursprungs sind, ist mittlerweile relativ bekannt.

Geza von Neményi, Religionswissenschaftler und Leiter der neuheidnisch ausgerichteten Germanischen Glaubens Gemeinschaft, geht in dieser Einstufung einen Schritt weiter: "Bräuche in unserer Region können nur römisch, celtisch, germanisch oder christlich sein. Wenn sie römisch oder celtisch sind, entstammen sie doch den Ausläufern verwandter indogermanischer Völker und ähneln den germanischen Bräuchen schon deswegen. Wenn sie christlich sind, dann muß genauer betrachtet werden, woher sie eigentlich stammen, denn das Christentum hat keinerlei eigene Bräuche gepflegt, sondern vielmehr alles von anderen Kulturen übernommen."

Dies möchte Neményi anhand zahlreicher Beispiele dem Leser anschaulich nahebringen, um die heidnische Tradition dieses Landes, die trotz der jahrhundertealten Christianisierung bis heute auf uns wirkt, sichtbar zu machen. Zahlreiche heutige Feste und Bräuche - von Mittwinter bis Fastnacht oder von Ostern bis zur Leinernte - führt Neményi fachkundig auf ihre heidnische Bedeutung zurück: "Wenn etwa Jesu Geburt zur Wintersonnenwende (Weihnachten) jährlich gefeiert wird, oder sein Tod zu Karfreitag, seine Auferstehung aber zu Ostern, dann sind mythische Vorstellungen mit Vorgängen in der Natur verbunden worden. Jesus wurde zum Sonnengott."

Interessant sind auch Neményis Ausführungen zu den historischen Datumsverschiebungen, sowohl hinsichtlich des julianischen wie des gregorianischen Kalenders, die dafür verantwortlich seien, daß heute Heiligabend nicht mehr mit der Wintersonnenwende zusammenfällt. Auch das Johannisfest verschob sich um drei Tage hinter die Sommersonnwende. Johannes der Täufer, oft gegen Blitz und Hagelschlag angerufen, übernahm die Rolle der Götter Donar und Balder. Viele heutige "Ungereimtheiten" finden auf diese Weise eine verblüffende Erklärung.

Geza von Neményi: Die Wurzeln von Weihnacht und Ostern. Heidnische Feste und Bräuche. Kersken-Canbaz-Verlag, Norderstedt 2006, broschiert, 275 Seiten, Abbildungen, 24,80 Euro


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