© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/07 06. April 2007

Wendelin Wiedeking
Auf der Überholspur
von Erol Stern

Schnauzbart, breites Grinsen und ein stets erhobener Zeigefinger in Richtung Wirtschaft und Politik - so kennt man ihn, den Porsche-Lenker und -Denker Wendelin Wiedeking, der sich derzeit daranmacht, zusammen mit VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch einen neuen Autokonzern zu schmieden.

Manager haben einen schlechten Ruf, nicht nur in Deutschland. Dennoch oder gerade deswegen sorgen die wenigen Ausnahmen für positive Schlagzeilen und manchmal auch für ein gutes Firmenimage. Wendelin Wiedeking wurde 1952 im westfälischen Ahlen geboren. Noch während seines Maschinenbau-Studiums in Aachen gründete er eine Immobilienfirma, nachdem er den Makler für seine Studentenbude mit einem BMW davonfahren sah. Das Unternehmen führen heute seine Geschwister. Ihm selbst gelang der Einstieg als Referent des Vorstandes Produktion und Materialwirtschaft bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen. 1988 wechselte Wiedeking zum Autozulieferer Glyco in Wiesbaden. Doch schon nach drei Jahren kehrte er nach Zuffenhausen zurück, wurde Vorstandssprecher und löste 1993 den bisherigen Vorstandsvorsitzenden Arno Bohn ab.

Zu dieser Zeit waren Absatz, Firmenstruktur und Produktpalette so marode, daß Porsche als Übernahmekandidat oder Pleitier gehandelt wurde, was Wiedeking mit einem radikalen "Reformkurs" verhinderte. In den folgenden Jahren avancierte Porsche als profitabelster Autohersteller zum Aushängeschild für die gesamte rezessionsgeschüttelte Branche und unterhält inzwischen sogar eine 25prozentige Beteiligung am Volkswagen-Konzern - David kauft Goliath.

Zwar gelten Wiedekings Führungsmethoden - ob seiner Eigensinnigkeit - als umstritten, doch sorgte er mit seinen Managementpraktiken für den kometenhaften Aufstieg eines Unternehmens, das "Autos baut, die keiner braucht". Dabei achtet er stets darauf, daß die Belegschaft paritätisch am Erfolg beteiligt wird. Wiedeking führt "sein" Unternehmen ähnlich einem konservativen Entrepreneur alter Schule: Verzicht auf überseeische bzw. -flüssige Experimente und kurzsichtigen bzw. -fristigen Profit. Diese Nachhaltigkeit betrifft auch die Produkte: Drei Viertel aller je gebauten Porsche fahren noch.

Immer wieder wird Wiedeking als Kandidat für Spitzenpositionen in anderen Konzernen und selbst in der Politik gehandelt. Letzteres winkt er mit einem süffisanten "Zu umständlich!" ab, wenngleich ihn seine Einmischungen in die Regierungsarbeit mit einer für seine "Kaste" ungewohnten Bodenständigkeit zum Wunschkanzler vieler Deutscher machen. So lehnte er Subventionen für das Leipziger Porsche-Werk ab, weil das mit dem Ansehen einer Premium-Marke unvereinbar sei. Das bringt Sympathien für ein Auto, das weder politisch korrekt noch sonderlich umweltfreundlich ist. Und nicht zuletzt in seinen Büchern "Das Davidprinzip" (2002) und "Anders ist besser" (2006) weist er nach, daß es Deutschland mit "mehr Wiedeking" besserginge.


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