© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/07 13. April 2007

Deutschland den Weg zeigen
"Zivile Koalition": Überparteiliche Initiative setzt sich für die Erneuerung des Staates ein und will die Parteien in die Schranken des Grundgesetzes verweisen
Ekkehard Schultz

Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir?" - Mit diesen Fragestellungen, die einem populären Lied zur Handball-Weltmeisterschaft in Deutschland entlehnt sind, wirbt seit Beginn dieses Jahres die "Zivile Koalition" um die Unterstützung des "mündigen Bürgertums" in Deutschland.

Die "Koalition" definiert sich als "zivilgesellschaftliche" Initiative jener gesellschaftlichen Kräfte, die "nicht länger zusehen" wollen, "wie die politische Klasse unser Land durch Versäumnisse, Blockaden und Fehler in eine Abwärtsspirale zieht". Die Initiatoren wollen "für eine ehrliche Analyse" und für Problemlösungen in der Steuer-, Wirtschafts-, Bildungs-, Familien-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik "kämpfen" und dazu beitragen, "Deutschland wieder auf den richtigen Weg zu bringen". Eine konkrete parteipolitische Ausrichtung gibt es nicht. Allerdings basieren die Grundsätze der Initiative auf dem christlichen Menschenbild, auf welches immer wieder verwiesen wird.

Plädoyer für das Mehrheitswahlrecht

Erste Vorsitzende der Organisation ist Beatrix Herzogin von Oldenburg. Auf Initiative der Rechtsanwältin wurde vor einigen Jahren bereits die Initiative "Studenten für den Rechtsstaat" gegründet, die sich kritisch mit dem Festhalten an der sogenannten "Bodenreform", den Enteignungen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und der DDR, auseinandersetzt. Zu den weitere Führungsmitgliedern der Koalition zählen unter anderem die Journalisten Karl Feldmeyer und Klaus Peter Krause, der Unternehmer Steven Eugene Kuhn sowie der Unternehmensberater Sven von Storch.

Als eines ihrer Hauptziele sieht die Initiative die Ablösung des heutigen Verhältniswahlrechtes in Deutschland und dessen Ersetzung durch ein Mehrheitswahlrecht an. Damit soll verhindert werden, daß sich Parteipolitiker "auf der Ochsentour ihre Listenplätze sichern können, um sich den bequemsten Weg in die Parlamente zu bahnen". "Mündige Bürger" müßten dagegen "auf dem Wege der direkten Wahl die Mandate an solche Politiker verteilen, die persönlich durch Kompetenz, Einsatz und Glaubwürdigkeit überzeugen". Generell müßten die Parteien wieder auf ihre im Grundgesetz festgelegte Rolle zurückgedrängt werden, lediglich an der "politischen Willensbildung" mitzuwirken, um "eine weitere Degeneration der Verfassungswirklichkeit" zu vermeiden.

Weiterhin fordert die "Zivile Koalition" eine Vereinfachung des Steuersystems, eine Umgestaltung sowie eine Reform der Finanzierung des Sozialstaates, um dessen Grundlagen längerfristig zu sichern. Die Initiative betrachtet die aktuelle gute Wirtschaftskonjunktur nicht als Verdienst der Politik und fordert eine stärkere Bereitschaft zu kontinuierlicher Veränderung.

Als "Vorbild des Monats" wird auf der Netzseite der Koalition Bundespräsident Horst Köhler genannt. In der Begründung heißt es, daß Köhler "der politischen Klasse die Leviten" lese und dazu mahne, "die Sandkastenspiele zu beenden und endlich dafür zu sorgen, daß wir nicht weiter von der Substanz leben". Deutliche Kritik wird dagegen von seiten der Initiative unter anderem am ehemaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (beide CDU) geäußert. Blüm "müsse sich angesichts der Katastrophe, die er im Rentensystem angerichtet hat, eigentlich so still wie möglich verhalten", doch er weise statt dessen Köhler "eine Mitverantwortung für die Entstehung der neuen Unterschicht zu". Rüttgers wird von der Initiative attackiert, weil er "von der CDU die Aufgabe der "kapitalistischen Lebenslüge" zugunsten von "sozialer Gerechtigkeit" fordert, was einer "leeren Versprechung" gleichkomme.

Weitere Informationen im Internet unter der Adresse: www.zivilekoalition.de 


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