© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/07 13. April 2007

Im Sarg liegt nur ein Hase
Neu auf DVD: "The Wicker Man" von R. Hardy
Werner Olles

The Wicker Man" beginnt ähnlich wie "Doomwatch" von Peter Sasdy: Auf einer kleinen, abgelegenen Insel im Nordwesten von Schottland landet ein Funktionär mit dem Auftrag, ein Rätsel zu lösen. Während sich jedoch in "Doomwatch" die Umweltverschmutzung als die Wurzel allen Übels entpuppt, behandelt "The Wicker Man" ein Thema, das zwar auch schon in diversen Horrorfilmen oder Mystery-Thrillers angeschnitten worden ist, aber doch wohl noch niemals mit so erbarmungsloser Konsequenz. Tatsächlich verzichtet "The Wicker Man" auf das übliche Happy-End und endet statt dessen mit einem ungesühnten Verbrechen von barbarischer Grausamkeit.

Die Geschichte ist konzentriert angelegt und beginnt folgendermaßen: Sergeant Howie (Edward Woodward) von der schottischen Polizei fliegt nach der abgelegenen Summerisle, um einer Vermißtenmeldung nachzugehen. Ein zwölfjähriges Mädchen namens Rowan Morrison soll angeblich verschwunden sein. Auf der Insel angekommen, bemerkt Howie mit einiger Verwunderung, daß Kirche und Friedhof unglaublich verwahrlost sind.

Als praktizierendes Mitglied der Church of Scotland ist er schockiert, daß die Inselbewohner religiös indifferent sind. Von Rowan Morrison will keiner je etwas gehört oder gesehen haben. Es gelingt ihm nachzuweisen, daß sie die Dorfschule besucht hat, worauf die Lehrerin behauptet, das Mädchen sei kürzlich gestorben. Beim Öffnen des Sarges findet er aber nur einen toten Hasen. Der Herr der Insel, Lord Summerisle (Christopher Lee), gewährt dem Polizisten nicht nur keine Unterstützung bei seinen Nachforschungen, sondern erschwert sie ihm.

Nach und nach kommt Howie gleichwohl der Wahrheit nahe: Die Insulaner verehren alte keltische Naturgottheiten, denen sie womöglich das Mädchen geopfert haben. Die Lösung des Rätsels kommt jedoch überraschend und soll daher hier nicht verraten werden. Jedenfalls ist "The Wicker Man" ein erfreulich origineller und konsequenter Film, der seine Auszeichnungen auf diversen Fantasy-Filmfestivals verdient hat.

Wer Ende 2006 im Kino oder aktuell auf DVD Neil LaButes Remake von "The Wicker Man" gesehen hat und von dem indolenten Plot zu Recht enttäuscht war, sollte sich unbedingt das Original besorgen. 1973 gedreht und in Deutschland leider nie ins Kino gekommen, gehört es zu den Kleinoden des britischen Horrorfilms. Und in der Tat stimmt bei Robin Hardys ("The Fantasist", 1986) Film einfach alles. Angefangen von Anthony Shaffers ("Frenzy", 1971) intelligentem Drehbuch über den genialen Soundtrack von Paul Giovanni bis zu den exzellenten Darstellern, an erster Stelle der brillante Edward Woodward, der hier alle Facetten seines Könnens ausspielt, Christopher Lee, der "The Wicker Man" als seinen besten Film bezeichnete, die legendäre Ingrid Pitt und die verführerisch schöne Britt Ekland. Leider gibt es die bei Warner erschienene DVD nur in englischer Sprache ohne Untertitel, dafür enthält sie einige Audiokommentare, unter anderem von Hauptdarsteller Christopher Lee über seinen Lieblingsfilm.


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