© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/07 13. April 2007

Tour d'horizon durch das politisch Inkorrekte
Die Jahresschrift der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft versammelt einen ebenso interessanten wie bunten Strauß grundlegender Aufsätze
Hans-Joachim von Leesen

Dem Sonderheft über Preußen folgt als Jahresgabe der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft für ihre Mitglieder und Freunde das "Deutschland-Journal 2006", das einen Querschnitt durch die Themen bietet, die die Gesellschaft in ihren Vorträgen und Seminaren behandelt. Entstanden ist eine anregende, durchgehend politisch keineswegs korrekte Sammlung von Beiträgen namhafter Autoren.

Vera Lengsfeld, eine der führenden Bürgerrechtlerinnen in der DDR, dann 15 Jahre lang MdB, bis die CDU sie nicht mehr aufstellte, äußert "Gedanken zu einer deutschen Leitkultur", die bei ihren Lebenserfahrungen verständlich "in der strikten Ablehnung jeder sozialistischen Gleichmacherei und in der Forderung nach einer Kultur der Selbständigkeit" kulminieren. Käthe Sabath gibt einen Abriß des Lebens des "teutschen Genius" Wolfgang Amadeus Mozart und legt besonderen Wert auf die Belege, daß Mozart sich immer zu seiner deutschen Abstammung bekannt hat.

Generalmajor a.D. Christian Millotat stellt fest, daß es immer noch keine umfangreiche aktuelle, von ihrer Führung veröffentlichte Darstellung des Berufsbildes der (Bundeswehr-)Offiziere gibt, Er definiert einige Schwerpunkte eines solchen Berufsbildes, wobei er sich auf das Bibelzitat aus einer grundlegenden Rede des Bundespräsidenten Horst Köhler beruft: "Prüfet alles. Das Gute behaltet". Gerade das Letztgenannte werde aber von der politischen und militärischen Führung der Bundeswehr vernachlässigt. Nach Millotats Auffassung kann das Berufsbild "nur die beruflichen Anforderungen an den Offizier, seine tradierwürdigen Grundlagen aus der deutschen Militärgeschichte, seine Einbindung in multinational strukturierte Truppenkörper und seinen Weg in die Zukunft in den von ihr erwünschten Proportionen und Nuancierungen darstellen. Der Offizier muß seine Wurzeln kennen und bejahen." Der emeritierte Kieler Professor Ulrich Matthée schildert ebenso liebevoll wie wissenschaftlich fundiert das Erbe des deutschen Ostens am Beispiel der Bücherzirkulation und literarischen Salons Königsbergs zur Zeit Immanuel Kants.

Gegen die Vernachlässigung der nationalen Wirtschaft

Das konservative Lager vernachlässigt gern die Bedeutung der Wirtschaft für die Existenz einer Nation. Da ist es angebracht, daß sich im "Deutschland- Journal 2006" gleich drei Wirtschaftsfachleute mit aktuellen wirtschaftlichen Problemkreisen befassen, so Eberhard Hamer, Professor für Wirtschaft und Finanzpolitik in Bielefeld, der sich zur Frage äußert, was nach der von ihm als sicher prognostizierten Krise kommen soll. Der Politologe Alfred Mechtersheimer, Verfasser des "Handbuch Deutsche Wirtschaft", zitiert Münteferings Alarmruf über die Hedgefonds, die "wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen herfallen, sie abgrasen und dann weiterziehen", und stellt fest, daß diesen Worten des Vizekanzlers nichts Wesentliches in der Politik gefolgt sei, obwohl die Wirkung dieser Fonds für die nationalen Wirtschaften verheerend sind.

Hans Penner, früher Leiter des Informationszentrums der Bundesforschungsanstalt für Ernährung, fordert eine realistische Energiepolitik und plädiert begründet dafür, daß sie auf den Säulen der Kernenergie und der Kohle zu ruhen hat. Zwei ausführliche Rezensionen befassen sich mit Eva Hermans Buch "Das Eva-Prinzip" sowie mit Matthias Matussek, der mit seinem Buch "Wir Deutschen" einen "spielerischen Patriotismus" präsentiert. Nachdrücklich wird auf das Geschichtshörbuch "Der zweite Dreißigjährige Krieg" von Gerd Schultze-Rhonhof verwiesen. Der Abdruck eines Gnadengesuchs des Vorsitzenden der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler, an den italienischen Staatspräsidenten zugunsten des in Rom inhaftierten, mittlerweile 93jährigen ehemaligen SS-Offiziers Erich Priebke, und ein Nachruf auf den Ende 2005 verstorbenen Uwe Greve (JF 2/06), Mitglied des SWG-Beirats und schleswig-holsteinischer Landtagsabgeordneter, schließen die lesenswerte Broschüre ab.

Das "Deutschland-Journal 2006" ist gegen Einsendung von acht Briefmarken à 55 Cents (inklusive Versandspesen) bei der SWG, Postfach 261827 in 20608 Hamburg zu beziehen.


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