© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/07 04. Mai 2007

Spinnefeind
Sam Raimis "Spider-Man 3" webt ein Netz aus Intrigen
Michael Insel

Im so fulminanten wie meisterhaft geschnittenen Vorspann zur dritten Folge der erfolgreichsten Marvel-Comic-Verfilmung läßt Regisseur Sam Raimi die gesamte Vorgeschichte Revue passieren: Der unscheinbare Peter Parker ist ganz in die Rolle des windschnittigen Spinnenmannes hineingewachsen, um seine Jugendliebe Mary Jane Watson endgültig für sich zu gewinnen. Doch so einfach ist das Leben nicht, das eines Comic-Helden schon gar nicht, und für ein Budget von 250 Millionen US-Dollar - angeblich der teuerste Film, der je in den USA gedreht wurde - müssen noch bösere Bösewichte, atemberaubendere Computeranimation, verzwicktere Nebenhandlungen her als je zuvor.

Wo andere "threequels" wie Brett Ratners "X-Men: Der letzte Widerstand" (2006) oder Joel Schumachers "Batman & Robin" (1997) sich mit bombastischen Action-Sequenzen begnügen, ist Raimi ein Film gelungen, dessen eigentliche Spannung das allzumenschliche Drama um die übermenschlichen Kräfte ausmacht.

Aus den Handlungsfäden von "Spider-Man 2" (2004) webt er ein engmaschiges Netz aus Eifersucht, Mißtrauen, Verrat und Rache. Peter Parker (Tobey Maguire) hat Mary Jane (Kirsten Dunst) sein Doppelleben gestanden, und die beiden schmieden Pläne für eine gemeinsame Zukunft. Peters alter Kumpel Harry Osborn (James Franco) hat herausgefunden, daß sein Vater der Grüne Kobold war, und will dessen Tod rächen. Zu allem Unglück ist Harry auch noch in Mary Jane verliebt, während die attraktive Gwen Stacy (Bryce Dallas Howard) um Peters Zuneigung buhlt.

Den Daily Bugle-Fotografen und Freizeit-Fassadenkletterer selber interessiert nur noch die Verehrung, mit der die ganze Stadt ihn feiert. Dann infiziert ein flüssiger Parasit seinen Spinnenanzug, der nicht nur die rot-blaue Funktionstextilie, sondern auch Peters Herz pechschwarz färbt. Als hätte der nicht genug damit zu tun, seinen inneren Dämonen zu bekämpfen - dem Anschein nach teils John Travoltas Disko-Casanova aus "Saturday Night Fever", teils Jerry Lewis' Jazz-versessener Beatnik aus "Der verrückte Professor" -, taucht sein Erzfeind, der Sandmann, auf.

Neben typischen Popcorn-Momenten, wenn Spider-Man sich von einem Wolkenkratzer hängend mit dem einen oder anderen Ungeziefer herumschlagen muß, sorgen Nebenfiguren für ein stilleres Vergnügen: die Tiraden von Peters geizigem Chef beim Daily Bugle etwa oder Raimis Spezi Bruce Campbell hier in der Rolle des Oberkellners in einem piekfeinen französischen Restaurant.

Für einen der lautesten Lacher sorgte bei der Pressevorführung jedoch die in unheilschwangerem Ton von einem Nachrichtensprecher verlesene Meldung: "Das könnte das Ende von Spider-Man bedeuten!" Nachdem Raimi mit dieser dritten Folge die ersten beiden grandios überboten hat, wird Sonys Spider-Man sein Kostüm wohl noch lange nicht an den Nagel hängen.


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