© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/07 11. Mai 2007

Getürkte Europareife
von Andreas Mölzer

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan ließ zuletzt mit der Forderung aufhorchen, daß die Europäische Union (EU) seinem Land so etwas wie ein "Beitrittsgarantie" bis spätestens zum Jahr 2014 geben müsse. Die politischen Lobbyisten der Osmanen, die da quer durch die europäischen Staatskanzleien und Medien-Redaktionen tätig sind, assistierten dieser Forderung mit Lobgesängen auf die Reform-Fortschritte des kleinasiatischen Staates.

Dieser Tage nun erlebt man einmal mehr, wie europareif ebendiese Türkei ist. Mittels eines fragwürdigen Wahlganges sollte der Vertrauensmann Erdoğans, der langjährige Außenminister Abdullah Gül, in das Amt des Staatspräsidenten gehoben werden: ein Politiker, von dem die Massen offenbar annehmen, daß er die Islamisierung des Landes vorantreiben würde. Dementsprechend gingen Hunderttausende auf die Straße, und der Generalstab der türkischen Armee, Hüter des laizistischen und islamkritischen Erbes des Staatsgründers Kemal Pascha, ließ wissen, daß man die Trennung von Staat und islamischer Religion notfalls auch mit Gewalt zu wahren wisse. Politische Beobachter warnten bereits von der Gefahr eines drohenden Bürgerkriegs.

Für die EU stellt sich zunehmend heraus, daß die Europareife der Türkei schlicht und einfach getürkt ist. Eine Tatsache, die schnellstens zum Abbruch der Beitrittsverhandlungen führen müßte.

 

Andreas Mölzer ist Mitglied des Europäischen Parlaments.


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