© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

Warnung vor Patientenverfügung
Lebensschutz: Symposion der Juristen-Vereinigung Lebensrecht / Kritik an Wieczorek-Zeul
Elke Becker

Vor einer gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung hat der Leiter des Deutschen Instituts für Palliative Care in Bad Krozingen, Christoph Student, den Bundestag gewarnt. Es bestünde in einer Patientenverfügung das Problem der Vorausplanung für völlig unbekannte Situationen, sagte er auf einem Symposion der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. Menschen denken während einer Krankheit gemäß seiner Erfahrung anders als noch vorher. Meist sähen Krankheiten von außen schrecklicher aus, als sie von innen erlebt würden. So wären 80 Prozent der Patienten mit Locked-in-Syndrom, bei dem es sich um einen völlig gelähmtem Körper handelt, "zufrieden" oder "mehr als zufrieden".

Voraussetzung für die Lebensqualität sei jedoch in jeder Krankheit der Dialog mit anderen Menschen. Dies könne auch noch im Wachkoma, welches keineswegs Hirntod bedeute, geschehen, etwa durch Blinzeln auf Aufforderung. So könne man Wünsche wie Nahrungsaufnahme klären. Ansonsten könnten Patientenverfügungen zu Suizidverfügungen werden. Dementsprechend befürwortet der Mediziner eher eine etwa dem Ehepartner erteilte Vorsorgevollmacht sowie Ethikkomitees in Krankenhäusern aus Angehörigen, Ärzten und Pflegern.

Ein anderer Themenschwerpunkt der Veranstaltung lag beim Rechtsschutz des ungeborenen menschlichen Lebens. Hier war vom Vorsitzenden der JVL, Bernward Büchner, zu erfahren, daß die Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) das Land Nicaragua unter Druck gesetzt habe, weil es sein Abtreibungsgesetz verschärft hat. Wieczorek-Zeul kündigte Konsequenzen für die Entwicklungshilfe an, falls der nicaraguanische Präsident das Gesetz unterzeichne. Büchner illustrierte damit das mangelnde Unrechtsbewußtsein in Sachen Abtreibung in Deutschland. Er erläuterte, nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 sei der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich ein Unrecht und damit rechtlich verboten. Der 1995 neu geregelte Paragraph 218 des Strafgesetzbuches habe dem zu entsprechen. Jedoch sei das Rechtsbewußtsein für das Recht der ungeborenen Kinder auf Leben und demzufolge für das Unrecht ihrer Tötung gerade nicht geschärft worden, meint Büchner. Hierfür sprächen verschiedene Indizien.

Man könnte mittlerweile ein weiteres typisches Indiz hinzufügen. Denn die Frauenzeitschrift Brigitte hat kürzlich das verfassungsrechtliche Verbot der Abtreibung nicht erwähnt, sondern spricht von "Legalität". Derartige Äußerungen führen Büchner zufolge - an der staatlichen Stärkungspflicht des Rechtsbewußtseins gemessen - zu Zweifeln am Erfolg der Beratungsregelung.


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